Der OGH hatte der Frage nachzugehen, ob ein Versicherer zu Leistung an die Ex-Gattin verpflichtet ist, wenn er erst er erst nach dem Tod des Versicherungsnehmers vom Inhalt des Aufteilungsvergleichs erfährt.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 16.12.2020
Was ist passiert?
Ein Ehegatte (Versicherungsnehmer) hatte eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen. Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses hatte er gegenüber dem Versicherer seine damalige Ehegattin als bezugsberechtigte Person (Begünstigte) im Ablebensfall benannt. In weiterer Folge wurde jedoch die Ehe zwischen den beiden Personen geschieden. Im Rahmen des nachehelichen Aufteilungsverfahrens wurde sodann zwischen den geschiedenen Ehegatten ein Vergleich abgeschlossen und vereinbarten darin, dass sämtliche Versicherungen auf den Ehegatten überschrieben werden, er diese in sein alleiniges Eigentum übernimmt und die Ex-Gattin alle für diese Übernahme erforderlichen Unterschriften zu leisten hat. Der Ehegatte hat es jedoch verabsäumt, die Versicherung von der Scheidung und dem Inhalt des Aufteilungsvergleichs zu verständigen. Im Versicherungsvertrag war daher nach wie vor die Ex-Gattin als Begünstigte im Ablebensfall genannt. Nach dem Tod des Versicherungsnehmers informierte die Ex-Gattin die Versicherung von dessen Ableben und teilte der Versicherung mit, dass ihr als bezugsberechtigte Person die Leistung aus der Lebensversicherung zustehen würde. Die Erbin des Versicherungsnehmers informierte jedoch den Versicherer vom Inhalt des Aufteilungsvergleichs und verlangte ihrerseits die Versicherungsleistung.
Der OGH hatte in seiner Entscheidung zu 7 Ob 52/20b daher die Frage zu beantworten, ob der Versicherer zur Leistung an die Ex-Gattin verpflichtet ist, wenn er erst nach dem Tod des Versicherungsnehmers vom Inhalt des Aufteilungsvergleichs erfährt.
Wie ist die Rechtslage?
Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch: „Mit der gegenständlichen Formulierung im Aufteilungsvergleich wurde nach Ansicht des OGH zwischen dem verstorbenen Versicherungsnehmer und dessen Ex-Gattin vereinbart, dass deren Bezugsberechtigung mit Abschluss des Aufteilungsvergleichs wirksam als widerrufen gilt. Mit einfachen Worten: (künftige) Leistungen aus der Kapitallebensversicherung sollen dem verstorbenen Versicherungsnehmer zustehen. Für die Wirksamkeit ist es im Falle eines solchen Widerrufs der Bezugsberechtigung durch einen Vertrag zwischen dem Versicherungsnehmer und der Bezugsberechtigten nicht erforderlich, den Versicherer davon zu verständigen. Eine solche Verständigung dient lediglich dazu, den Versicherer vor einer mehrfachen Inanspruchnahme zu schützen.“
Schlussfolgerung
Wird daher eine Versicherungsleistung von der angeblich Bezugsberechtigten (geschiedene Ehegattin) begehrt, hat der Versicherer deren materielle Berechtigung zu prüfen. Da der Versicherungsnehmer und dessen Ex-Gattin im vorliegenden Fall im Aufteilungsvergleich die Bezugsberechtigung wirksam widerrufen haben, ist der Versicherer nach Ansicht des OGH auch dann nicht mehr zur Leistung an die geschiedene Frau verpflichtet, wenn er erst nach dem Tod des Versicherungsnehmers vom Widerruf der Begünstigung erfährt. Dennoch sollte der Versicherer jedenfalls von einem Widerruf der Bezugsberechtigung informiert werden.
Von Dr. Roland Weinrauch (Foto), Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte: https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Titelbild: ©Freedomz – stock.adobe.com
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