Der Maklerkanal bietet die Chance für hohes Wachstum. Der Schlüssel liegt dabei in der Digitalisierung des Geschäftsmodells, vom Maklervertrieb des Versicherers über die Schaffung digitaler Maklerhäuser bis hin zur Digitalisierung der Kundenschnittstelle, erläutern Dr. Jörg Mußhoff und Dr. Claudia Max von McKinsey.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 21.08.2018
Privatkunden gehen vermehrt zum Makler, weil sie gute und neutrale Beratung wollen. Insbesondere gilt dies für komplexe Produkte wie die Altersvorsorge oder die private Krankenversicherung. Firmenkunden suchen aus Gründen der Compliance zunehmend den Weg zum Makler. Der Maklerkanal profitiert hier insbesondere bei stark wachsenden Industrien wie IT und Gesundheitswesen oder Produktkonzepten wie Cyber.
Gleichzeitig erhöhen regulatorische Veränderungen nicht nur die Transparenz, sondern auch die Komplexität. Der entstehende Druck auf Preise und Courtage wirkt sich dabei weiter negativ auf Deckungsbeiträge aus. Auch die Nachfolgeplanung ist angesichts der Alterung der Maklerschaft und fehlender Interessenten ein Thema, das man angehen muss. Zudem besteht die Gefahr, dass InsurTechs oder Vergleicher das Geschäftsmodell so revolutionieren, dass traditionelle Versicherer und Makler Marktanteile einbüßen.
Die Digitalisierung macht es möglich, diese Chancen und Herausforderungen anzugehen. Sie ist Haupttreiber für Kosteneinsparungen, Produktivitätssteigerungen und ein durch erhöhte Qualität und Geschwindigkeit verbessertes Wertversprechen.
Digitalisierung steht am Anfang
Es gibt bereits erste Fortschritte bei der Digitalisierung: Versicherer haben sich auf die Maklerschnittstelle und die Automatisierung ihrer Prozesse konzentriert. Aufseiten der Makler sind neue digitale Spieler wie beispielsweise Clark entstanden, die via App die Kundenschnittstelle neu gestalten. Etablierte Maklerhäuser haben in die Erneuerung von CRM-Software und in digitale Beratungsangebote investiert. In Summe sind dies aber eher punktuelle Ansätze. Wegen hoher benötigter Investitionen und knapper IT-Ressourcen wurde bisher nur selten umgesetzt, was technisch möglich ist.
Transformation der gesamten Wertschöpfungskette erforderlich
Um die Digitalisierung voranzutreiben, hilft ein Fahrplan, der den Gesamtprozess berücksichtigt. Dieser fängt beim Versicherer an, mit automatisierten und damit schnelleren und hochqualitativen Prozessen sowie einer verbesserten digitalen Anbindung. Der digitalisierte Makler steht im Zentrum, arbeitet deutlich effizienter und erreicht ein verbessertes Wertversprechen gegenüber dem Kunden.
(1) Interne Prozesse des Versicherers
Die Steuerung des Maklervertriebs kann durch einen digitalen und stärker datengetriebenen Ansatz deutlich verbessert werden. Intelligente digitale Vertriebs-Cockpits, gefüttert mit relevanten Daten, sowie Auswertungen „auf Knopfdruck“ zeigen die Leistung des Maklervertriebs und neue Wachstumsmöglichkeiten. Auch eine granulare und intelligente Maklersegmentierung, verknüpft mit konkreten Vertriebsansätzen, ist damit möglich. Führende Maklerversicherer entwickeln zudem eine priorisierte Prozesslandkarte zur Digitalisierung ihrer Maklerprozesse im Underwriting, bei Schaden und Betrieb – mit dem Ziel, Kosten zu sparen und gleichzeitig Service-Level für die Makler und Endkunden zu verbessern.
(2) Schnittstelle zwischen Versicherer und Makler
Makler sehen effiziente Prozesse aufseiten des Versicherers und eine gute Anbindung als zentrale Kriterien in der Entscheidung für oder gegen Geschäftspartner an. Daher ist diese Entwicklung konsequent weiterzuverfolgen. Effiziente Maklerversicherer binden Makler via TAA-Webservice (Tarifierung, Angebot, Antrag) nach BiPRO-430er-Normen schon binnen zwei bis drei Monaten an. Anders sieht es bei Bestandsverwaltungsprozessen und den 500er-Normen aus – hier hängen Versicherer oft der Entwicklung hinterher. Schaffen Versicherer und Makler hier nicht die digitale Wende, könnten sie Marktanteile verlieren.
Ziel sollte eine Harmonisierung der Maklerverwaltungsprogramme und eine stärkere Integration von Beratungs-, Vergleichs-, Abschluss- und Bestandsverwaltungsprozessen sein. Durchgehende Prozesse und eine einmalige Datenerfassung und -übermittlung weisen immense Effizienzpotenziale auf. Spieler wie Hypoport oder in Teilen auch Wefox zeigen hier Bemühungen, dominante Lösungen zu schaffen. Auch wenn mit diesen Entwicklungen Maklerportale wohl über Zeit abgelöst werden, sollten die Funktionalitäten bis dahin auf Wettbewerbsniveau gehalten werden. Leidige manuelle Prozesse wie Bestandsübertragungen und Paketannahmen lassen sich zudem vorübergehend mit einfachen und kosteneffizienten Mitteln wie Makros zum Einlesen von Excel-Tabellen erleichtern oder Textdateien durch Texterkennungssoftware in verarbeitbare Daten nach BiPRO-Standard verwandeln.
(3) Interne Prozesse des Maklers
Makler sollten auch ihre eigene Wertschöpfungskette digitalisieren – von der Lead-Generierung über Papierprozesse bis zu verbessertem Management des Maklerbüros (z. B. durch gemeinsame Kalendersichten oder cloudbasierten Dokumentenaustausch). Versicherer können dies mit einem digitalen Werkzeugkasten für Makler unterstützen. Dieser kann Hilfestellung beim Hosting einer Website enthalten, eine Anleitung zum Performancemarketing, Platzierungen in den sozialen Medien oder programmierte Analytics-Codes zur Auswertung des Kundenbestands.
(4) Interaktion zwischen Makler und Kunde
Kunden wünschen sich einen Dreiklang aus einer einheitlichen Vertragssicht, Datenschutz und Vertrauen zu ihrem Makler. Dies könnte ein Online-Kundenportal des Maklers leisten, so wie das bereits manche Hersteller von Maklerverwaltungsprogrammen anbieten. Makler haben damit jederzeit die Entwicklungen bei ihren Kunden „auf dem Schirm“. Veränderungen würden im gleichen Zuge an Versicherer weitergeleitet – mittelfristig per Mail, langfristig via automatisierter Schnittstelle.
Die Digitalisierung schafft enorme Möglichkeiten für weiteres profitables Wachstum im Maklervertrieb. Um sie zu nutzen, sollten Versicherer und Makler entlang der Wertschöpfungskette Maßnahmen zur Digitalisierung entwickeln und priorisieren. Der Maklervertrieb kann so vom „hidden“ zum gefeierten Champion werden.
Quelle: AssCompact Deutschland; geringfügig bearbeitet durch Redaktion Österreich
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