Kundenbewertungen spielen heute eine wichtige Rolle für Versicherungsmakler und Finanzberater. Anfangs mochte dies jedoch nicht jeder glauben. Der WhoFinance-Gründer Mustafa Behan beschreibt seine Start-Erfahrungen und die heutige Bedeutung von Kundenbewertungen.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 19.06.2018
Von Mustafa Behan, Gründer und Geschäftsführer der WhoFinance GmbH
„First they ignore you, then they laugh at you, then they fight you, and then you win.“ Ich versuche Anleihen jeglicher Art, soweit es geht, zu vermeiden, aber Bewertungsportale für Finanzdienstleister kann man wirklich prima mit einem Zitat von Mahatma Gandhi erklären. Sie können jetzt unterstellen, dass Gandhi weder viel Zeit mit Finanzdienstleistungen noch mit Gedanken an ein erst Jahrzehnte nach seinem Wirken aufkommendes Internet verbracht hat. Die Vermutung jedoch, dass Gandhi an die Macht der Masse und die Weisheit der Vielen geglaubt hat, ist nur ganz schwer zu widerlegen.
Wenn Sie im Jahr 2007 versucht haben, mit Finanzberatern über Kundenbewertungen zu sprechen, ernteten Sie Reaktionen, die ablehnend oder mitleidig waren – oder Sie wurden gleich ausgelacht. „Ich möchte Ihnen heute gern ein Bewertungsportal für Finanzberatung vorstellen.“ 2007 sprachen wir so oder so ähnlich Finanzdienstleister an und versuchten, Berater dafür zu gewinnen, sich von ihren Kunden im Internet – also öffentlich – bewerten zu lassen. Die Abfolge der Reaktionen der Finanzdienstleister auf das Thema Digitalisierung im Allgemeinen und Bewertungsportale im Speziellen ist gut dazu geeignet, Bewertungsportale zu erklären – und gleichsam eine schöne Analogie zur obigen Aussage des Herrn Gandhi
First they ignore you ...
„Kunden suchen im Internet gar nicht nach Finanzdienstleistungen.“ 2018 klingt dieser Satz zwar ausnehmend albern, aber in den späten 2000er-Jahren dachte ein Großteil der Finanzdienstleister tatsächlich so. Die schon damals erheblichen Suchvolumina bei Google nach Begriffen der Finanzdienstleistung hatten sich bis zu den Banken und Versicherern noch nicht herumgesprochen. Stattdessen überließ die Finanzdienstleistungsindustrie Anbietern wie CHECK24 und Interhyp das Feld. Heute glaubt wohl niemand mehr, dass Kunden im Internet nicht nach Finanzdienstleistungen suchen: Ein Großteil der Kunden erkundigt sich vor dem Abschluss einer Finanzdienstleistung im Netz.
.. then they laugh at you ...
„Wir brauchen keine Kundenbewertungen, unsere Kunden sind uns treu.“ Ich habe die Kausalität zwischen Treue der Kunden und Notwendigkeit von Bewertungen nie verstanden. Im Gegenteil. Es erscheint doch logisch, dass treue Kunden gute Bewertungen abgeben. Und überhaupt ist das mit der Treue so eine Sache. Selbst wenn ein Kunde eine Vertragsbeziehung noch nicht gekündigt hat, so kann er oder sie sich für seine nächste Entscheidung doch nach anderen Anbietern umsehen. Und dort spielen Kundenbewertungen eine erhebliche Rolle: 58% der Verbraucher sagen, dass Kundenbewertungen die wichtigste Information über einen Anbieter im Netz sind. Heute schulen wir Berater darauf, ihre loyalen Kunden zu Fans zu machen und aktiv mit Bewertungen den Vertriebsprozess zu unterstützen. Die Zahlen sprechen für sich: Sieben von zehn Kunden bewerten ihren Berater, wenn man sie darum bittet.
... then they fight you ...
„Kundenbewertungen sind sowieso unglaubwürdig.“ Die pauschale Skepsis gegenüber dem Thema Kundenbewertungen nahm ihren Anfang, als „Online-Agenturen“ begannen, systematisch und gegen Geld Fake-Kundenbewertungen für Hotels zu fabrizieren. Die Skepsis ist also grundsätzlich berechtigt. Der große Anteil der Bewertungsportale macht es heute Anbietern leicht, Bewertungen zu manipulieren oder gar selbst zu schreiben. Bewertungsportale werben gar damit, dass Berater dort ganz einfach Bewertungen ausschließen können, die dem Berater nicht gut genug erscheinen.
Dieser Kompromiss bei der Qualität der Bewertungen ist jedoch hochriskant. Ich glaube, dass die Authentizität der Kundenbewertung der zentrale Grund ist, warum Kunden diesen Bewertungen vertrauen. Unternehmen, die bei Bewertungen manipulieren oder sich auf zweifelhaften Portalen bewegen, gefährden ihre Glaubwürdigkeit umfassend und nachhaltig.
... and then you win.
Viele Banken, Versicherer und Finanzvertriebe haben nicht nur die Rolle der Kundenbewertungen erkannt – sondern vor allem, welche Rolle ihre Kunden im Vermarktungsprozess spielen. Ohne Fürsprecher und Fans gibt es niemanden, der die Leistung eines Anbieters bezeugt. Und ohne Zeugen gibt es keine Glaubwürdigkeit. Das ist der Zusammenhang, der bei Suchen im Netz heute von Kunden aufgebaut wird. Der Verbraucher sucht nach Bewertungen für einen Anbieter.
Wenn er keine findet, bedeutet dies nichts anderes als „es gibt keine Zeugen, dass dieser Anbieter gute Arbeit leistet“. Der Kaufprozess heute wird massiv durch Kundenbewertungen beeinflusst. In jeder Phase des nun neu vermessenen Kaufprozesses spielen Kundenbewertungen eine erhebliche Rolle, wie die Grafik zeigt.
Im ersten Schritt der Kundenreise, der „Informationsphase“, erhöhen Bewertungen die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kunde kommt. Mehr noch, nach dieser Informationsphase hat sich der Kunde in der Regel auf seine „engere Auswahl“ festgelegt. Anbieter, die nicht in dieser Auswahl vorkommen, haben so gut wie keine Chance, im Entscheidungsprozess des Kunden noch eine Rolle zu spielen. In der darauffolgenden „Interaktionsphase“ verringern Bewertungen die Abbruchraten und erhöhen die Abschlusswahrscheinlichkeit. Abschlussquoten und Preisbereitschaft werden durch Kundenbewertungen nachweislich erhöht. Erfolgreiche Berater bauen die Kundenbewertungen in jeden einzelnen Kontaktpunkt mit ihren Interessenten und Kunden ein. In der „Intensivierungsphase“, einer Zeit, in der die Kundenbeziehung von einem Investment für beide Seiten zu einem Nutzen für beide Seiten wird, bedeuten Kundenbewertungen die Digitalisierung des Empfehlungsmarketings. Die Leistung des Beraters wird durch Bewertungen gemessen und dokumentiert, der Kunde wird zum Leumundszeugen.
Quelle: AssCompact Deutschland; gekürzte Version
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