Die Corona-Wirtschaftskrise hat mittlerweile bei jedem zweiten österreichischen Lieferanten oder Dienstleister zu Liquiditätsengpässen geführt. Das zeigt das jetzt veröffentlichte Zahlungsmoralbarometer von Atradius.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 25.11.2020
In der aktuellen Studie gaben 49% der befragten Firmen in Österreich an, dass sie in den vergangenen Monaten Schwierigkeiten hatten, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen – deutlich mehr als die durchschnittlich 38% der Unternehmen in den anderen zwölf Ländern Westeuropas, in denen der internationale Kreditversicherer die Befragung zum Zahlungsverhalten im Firmengeschäft ebenfalls durchgeführt hat.
Hauptursache für die Liquiditätsengpässe waren vor allem schwindende Umsätze: Fast zwei Drittel (58%) der österreichischen Umfrageteilnehmer meldeten spürbare Verkaufseinbrüche infolge der Pandemie. Dagegen ist der Anteil an den Gesamtforderungen, bei denen es zu verspäteten Zahlungen gekommen ist, bei Österreichs Firmen mit 33% relativ gering (Vorjahresstudie: 28%), und liegt deutlich unter dem westeuropäischen Durchschnitt von zuletzt 47%. Gleichzeitig geben 47% der Unternehmen in Österreich an, dass sie in der Corona-Krise Lieferungen mit Zahlungsziel gewährt haben, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Österreich ragt positiv heraus bei Zahlungsausfällen
Auch bei der durchschnittlichen Zahlungsziellänge räumten Österreichs Lieferanten ihren Kunden zuletzt mehr Spielraum ein. Das durchschnittliche Zahlungsziel lag in den vergangenen Monaten bei 42 Tagen, was eine deutliche Verlängerung gegenüber dem Wert der Vorjahresstudie von 31 Tagen darstellt. Wenn Zahlungsziele abgelehnt wurden, so betraf dies meistens Abnehmer aus dem KMU-Segment, bei denen Informationen über den Geschäftsverlauf fehlten, oder die aufgrund einer auffälligen Zahlungshistorie durchs Raster fielen. Die Zahlungsausfälle von Österreichs Firmen ragen im westeuropäischen Vergleich positiv heraus und lagen während der Corona-Krise bislang bei nur 3% (gegenüber 7% im regionalen Durchschnitt).
Hoher Aufwand für Forderungseintreibung in Chemie-, Baustoff- und Papierbranche
Die Kosten für die Eintreibung offener Forderungen sind trotz des relativ geringen Ausfallrisikos bei vielen österreichischen Firmen stark gestiegen. 41% gaben an, dass sie hierfür zuletzt deutlich mehr Kapazitäten bereitgestellt haben. Um die Forderungsrisiken weiter einzudämmen, planen 53% der befragten Firmen, in den kommenden Monaten verstärkt auf Sofortzahlungen oder Vorkasse zu bestehen, 48% wollen in die Selbstversicherung gehen, 42% eine Kreditversicherung abschließen.
Die hohen Eintreibungskosten der österreichischen Firmen spiegelt auch der stark gestiegene DSO-Wert (Days Sales Outstanding, durchschnittliche Forderungslaufzeit in Tagen) in einigen Branchen wider. Dieser misst den Zeitraum zwischen der Rechnungsstellung und dem Zahlungseingang. Je kürzer diese Spanne ist, desto effizienter können Firmen ihre Außenstände einziehen und Liquidität generieren. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie stieg der DSO-Wert bei 71% der Unternehmen der chemischen Industrie um 49% an und liegt nun bei 94 Tagen. In der Baustoffbranche betrug er zuletzt 130 Tage, in der Papierbranche 140 Tage.
Bild: ©Elnur – stock.adobe.com
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