Wie viel Kompetenz sollten Maklerbetreuer haben? Wie individuell können Produkte überhaupt noch sein? Und wie gefährlich ist die Konkurrenz der Banken für die Makler? Diese Fragen beantwortet Gerhard Heine, Leiter Partnervertrieb bei der Wiener Städtischen Versicherung, im Interview mit AssCompact.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 06.08.2018
Durch die angekündigte Fusion mit der s Versicherung will die Wiener Städtische den Bankenvertrieb „forcieren“. Eine Konkurrenz für den Makler sieht Heine dadurch aber nicht. „In den letzten zehn Jahren, in denen es diese Kooperation gibt, habe ich noch keine einzige Konkurrenzsituation zwischen einem Makler und einer Bank erlebt. Wir sprechen hier auch hauptsächlich vom Privatkundengeschäft, das nicht unbedingt das Hauptbetätigungsfeld der Maklerei ist.“
Über die verschiedenen Vertriebswege werden „im Wesentlichen“ die gleichen Produkte vertrieben, „auch wenn es identische Konditionen nie geben kann – denn dann hätten wir einen regulierten Markt“. Es habe immer schon der freie Wettbewerb gegolten. „Wenn beim Kunden zwei oder drei Vertriebswege aufschlagen, dann gilt für den Kunden in der konkreten Konkurrenzsituation eine einzige Prämie.“ Der Kunde entscheide sich für eine Beratungsform. „Wir wollen den Kunden über die Betreuung entscheiden lassen, nicht die Betreuung über den Preis.“
Kein „Nein“, sondern ein „Nein, aber…“
Die Kritik vieler Makler, dass die Versicherer den Maklerbetreuern zunehmend Kompetenzen entziehen, kann Heine „insofern nicht ganz nachvollziehen, als ich nicht weiß, wie es in anderen Häusern zugeht“. Die Wiener Städtische habe die Kompetenzen nicht beschnitten, sondern versuche sie im Gegenteil durch Ausbildung zu heben. „Kompetenz heißt ja nicht immer nur, die Macht über einen Rabatt zu haben, sondern letztendlich, dass man sich auskennt und argumentieren kann.“ Könne man den Wünschen des Kunden oder Vermittlers einmal nicht entsprechen, solle die Antwort nicht „Nein“ sein, sondern „Nein, aber…“. „Es geht darum, eine Alternative anzubieten, lösungsorientiert und nicht schwarz-weiß zu arbeiten.“
Individualität im Retail-Bereich kaum mehr leistbar
Zugleich werde Individualität werde im Retail-Bereich „mit ihren heutigen Auswüchsen und unzähligen Rahmenvereinbarungen“ künftig nicht mehr leistbar sein – weder für den Vermittler noch für den Versicherer. „Gerade in den Bereichen, wo es um Wirtschaftlichkeit geht und die Prämien gering sind, ist es auf Dauer nicht mehr leistbar, 17 Ecken und Kanten zu machen.“
Die Produkte seien bezüglich Deckungsumfang in ihren Grundzügen bereits großzügig ausgestattet. Heine: „Über den Preis kann immer diskutiert werden. Aber Zusatzdeckungen, die über Sideletter und dergleichen für den Retail-Bereich mit Durchschnittsprämien zwischen 150 und 600 Euro abgebildet werden sollen, sind künftig kaum zu bewerkstelligen.“
Das Interview erscheint in der AssCompact August-Ausgabe.
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