Das erste Quartal im Finanzjahr 2016 war nichts für schwache Nerven: Kursverluste an den Aktienmärkten, null Prozent Leitzins in der Eurozone, schwächelndes China und geopolitische Risiken. Am Beginn des zweiten Quartals haben sich die Risiken verstärkt. Was sagen die Experten von Allianz Invest, und welche Chancen ergeben sich für Anleger?
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 14.04.2016
„Die kommenden 71 Tage bis zum Referendum in Großbritannien versprechen Spannung an den Märkten, gewürzt mit hoher Volatilität. Ein potenzieller ‚Brexit‘ könnte den Anlegern ordentlich die Suppe versalzen“, sagte Martin Bruckner, Vorstandssprecher der Allianz Investmentbank AG und Chief Investment Officer der Allianz Gruppe in Österreich, gestern vor Journalisten.
„Brexit“-Szenario: UK-Aktienmärkte mit Kursverlusten, schwächeres Wachstum
Unter den Investmentbanken geht zwar man eher davon aus, dass Großbritannien in der EU bleiben wird (65%) als dass ein „Brexit“ eintritt (35%). Sollte es aber tatsächlich dazu kommen, wäre eine vergleichsweise expansivere Geldpolitik der Bank of England möglich. Das würde zu niedrigeren Zinsen und fallenden Anleiherenditen führen.
Geringere Investitionen und Konsumausgaben würden, so die Allianz-Einschätzung, das Wachstum in Großbritannien dämpfen, langfristig würden Inflationsrisiken steigen. Am britischen Aktienmarkt käme es kurzfristig wohl zu fallenden Kursen. Mittelfristig sollten Aktien auf den schwachen britischen Pfund positiv reagieren, da die Großkonzerne stärker an der globalen Wirtschaft hängen und ihre Gewinne zuletzt unter der Pfund-Stärke gelitten haben.
Potenzielle Ansteckungsgefahr für EU
Im Fall eines „Brexit“ wäre auch in anderen europäischen Staaten damit zu rechnen, dass regionale politische Bewegungen stärker werden. EU-Gegner würden Aufwind bekommen, was zu einer Spread-Ausweitung in der Peripherie führen könnte. In diesem Fall könnte sich die EZB laut Allianz-Experten dazu verleitet fühlen, weitere geldpolitische Lockerungsmaßnahmen anzugehen.
Der Euro würde gegenüber dem britischen Pfund zulegen, gegenüber dem US-Dollar fallen. Euroland-Aktien könnten unter der Verunsicherung leiden, speziell, wenn die Allokation globaler Investoren reduziert wird. „Die derzeitigen Indikatoren und Geldflüsse lassen keine klaren Rückschlüsse zu, wie das Risiko aktuell an den Märkten eingepreist ist: Aktien-Fondsmanager sind schon lange in Aktien des Vereinigten Königreichs untergewichtet“, so Mag. Christian Ramberger, Geschäftsführer der Allianz Invest KAG. Das „Brexit“-Risiko manifestiere sich bisher vor allem in der Währung: Nach der längerfristigen Aufwertung des britischen Pfunds in Relation zum Euro zeigt sich seit Jahresende eine starke Trendwende.
Wie wird das zweite Quartal?
Für das zweite Quartal sind die Prognosen global unterschiedlich. Die US-Wirtschaft hat sich bis zuletzt recht robust entwickelt, auch das Wachstum in der Eurozone verläuft solide. Enttäuscht haben bis zuletzt die Konjunkturdaten Chinas. „Der Inflationsdruck in den USA nimmt merklich zu, besonders in der Kerninflation zeigt der Trend – vor allem durch den engen Arbeitsmarkt – nach oben. In der Eurozone hingegen ist man weiter weit von den Inflationszielen entfernt“, sagt Ramberger. Ende 2015 ist in den USA die Zinswende erfolgt, aufgrund der revidierten Wachstumsaussichten und Turbulenzen an den Finanzmärkten zeigt sich die Fed vorerst bezüglich weiterer Zinserhöhungen zurückhaltend. Ebenso bleibt die Geldpolitik auf globaler Ebene – auch ohne weitere Maßnahmen von EZB und Bank of Japan – noch sehr expansiv.
Chancen für Anleger: Vorsichtige, neutrale Gewichtung
„Generell ist die Risikoaversion und damit einhergehend die Volatilität an den Märkten deutlich gestiegen. Im derzeitigen Umfeld raten wir den Anlegern daher dazu, Aktien und Anleihen neutral zu halten“, erklärt Bruckner die Anlagestrategie der Allianz für das kommende Quartal.
Auf der Aktienseite empfiehlt die Allianz, USA und Europa sowie Japan und die Emerging Markets neutral zu gewichten. Auf der Anleihenseite empfiehlt die Allianz, Unternehmensanleihen überzugewichten, Staatsanleihen aus Europa und den Emerging Markets neutral zu halten und jene aus den USA unterzugewichten.
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