Die EZB hat das Zinsniveau weiter gesenkt. Welche Folgen negative Zinsen haben und vor welchen Risiken wir stehen, damit beschäftigt sich der CIO View von Deutsche Asset Management. Plus: die neun wichtigsten Prognosen der Finanzexperten.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 12.04.2016
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Einlagenzins im März um weitere zehn Basispunkte auf –0,4% gesenkt. Zudem bietet sie Banken im Rahmen von Tendergeschäften (TLTRO II) mit vier Jahren Laufzeit erstmals die Möglichkeit der Refinanzierung zu negativen Zinsen. Je stärker die Banken ihre Kredite an die Unternehmen erhöhen, umso mehr nähert sich der Zins für den Tender dem Einlagenzinssatz von minus 0,4% an. Ziel dieser Maßnahmen ist es, das Zinsniveau unter die derzeit niedrige Inflationsrate zu drücken.
Die Folgen negativer Zinsen
Die Federal Reserve (Fed) und andere Notenbanken dehnten zwar die Geldmenge aus. Doch die Geldumlaufgeschwindigkeit sank, da Unternehmen und Haushalte aus Angst ihre Kassenhaltung erhöhten. Folge der Geldhortung: Die Inflationsrate ging deutlich zurück und wurde teilweise auch negativ.
Höhere negative nominale Zinsen rücken nun in den Fokus der ökonomischen Diskussion. „Allerdings besteht die Gefahr, dass die Sparer ihr Geld von den Bankkonten abziehen und zu Hause horten, sobald ihnen die negativen Zinsen tatsächlich verrechnet werden“, heißt es im Bericht. „Ein Ausweg wäre die Abschaffung des Bargelds – eine Diskussion, die derzeit eher noch hypothetischen Charakter hat. Dennoch könnte dies bei einer fortdauernden Wirtschaftsschwäche Realität werden – wobei wohl noch zahlreiche rechtliche und praktische Hürden zu überwinden wären.“
Die Risiken negativer Zinsen
Doch selbst, wenn es so kommt, sollten die Zentralbanken laut Deutsche Asset Management mit der neuen Möglichkeit, das Geld auf dem Konto schrumpfen zu lassen, vorsichtig umgehen. Die Hoffnung: die Kombination aus steigender Geldmenge und höherer Umlaufgeschwindigkeit führt zu mehr Nachfrage. Doch lässt sich das so einfach dosieren und steuern? „Nominal negative Zinsen könnten zu einem sprunghaften Anstieg der Umlaufgeschwindigkeit und damit zu einem kräftigen Inflationsanstieg über das erwünschte Maß hinaus führen“, sagen die Experten.
Außerdem führen negative Zinsen zu einer höheren Risikoneigung der Investoren – also zu Umschichtungen in Aktien, Hochzinsanleihen und Immobilien. Privathaushalte und Unternehmen dürften in einem Umfeld negativer nominaler Zinsen ihre Kredite deutlich ausdehnen. Wenn die Notenbanken diese Entwicklung über eine restriktive Geldpolitik stoppen würden, droht die nächste Schuldenkrise. „Die Notenbanken müssten dann schnell zurückrudern – und hätten noch deutlich weniger Handlungsspielraum als zu Beginn der letzten Krise.“
Im aktuellen Umfeld sind die neun wichtigsten Prognosen der Deutsche Asset Management:
- Die Industrieländer bleiben auf moderatem Wachstumskurs.
- Die US-Leitzinsen dürften moderat steigen.
- Die EZB und die Bank of Japan (BOJ) bleiben auf Lockerungskurs.
- Der US-Dollar legt gegenüber Euro und Yen weiter zu.
- Aktienmärkte werden 2016 schwankend seitwärts tendieren.
- Öl bleibt volatil, legt tendenziell aber bis Jahresende zu.
- Die Brexit-Diskussionen belasten britische Vermögensklassen.
- Gold sehen wir schwächer tendieren.
- Vermögensaufteilung des ausgewogenen Portfolios von Deutsche Asset Management: 47% Anleihen, 40% Aktien, 10% Alternative Anlagen, 3% Rohstoffe
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