Nicht alles wird anders, aber vieles: Kunden wollen möglichst rasch eine Antwort, Produkte selbst abschließen und dabei zwischen Offline und Online pendeln. Standardisierte Versicherungen werden dennoch nicht die Zukunft sein, glaubt Allianz-Vorstandsvorsitzender Dr. Wolfram Littich. AssCompact hat mit ihm über die Zukunft des Versicherns gesprochen.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 01.04.2016
Steht die Versicherungswelt im digitalen Zeitalter vor dramatischen Umbrüchen? Nicht unbedingt, wenn es nach Dr. Wolfram Littich, Vorstandsvorsitzender Allianz Österreich, geht. Anders als bei Banken, die zunehmend von anderen Anbietern abgelöst werden, ändert sich das Geschäftsmodell einer Versicherung nicht. „Der Kunde hat ein Grundbedürfnis nach Sicherheit, das auch in zehn, 20 oder 50 Jahren noch dasselbe sein wird“, sagt Littich im Interview mit AssCompact Herausgeber Franz Waghubinger.
„Völlig geändert“ habe sich hingegen das Kundenverhalten. Auf E-Mail oder Internetanfrage wolle man sofort eine Antwort haben. „Den Kunden als Bittsteller gibt es nicht mehr. Er fordert viel mehr Transparenz, will ganz genau wissen, was abläuft, und Produkte selbst abschließen bzw. konfigurieren können“, so Littich.
Wem gehört die Zukunft – standardisierten oder individuellen Produkten?
Darum müsse auch die Produktwelt sehr viel einfacher werden. „Der Kunde muss in der Lage sein, innerhalb von wenigen Minuten ein Produkt kaufen zu können, entweder direkt oder über den Makler.“ An standardisierte Produkte, die völlig vergleichbar sind, glaubt Littich allerdings nicht, sondern an konfigurierbare Lösungen. „So können Kundenwünsche maßgeschneidert erfüllt werden – mit einem Produkt, das sich aus den unterschiedlichsten Lines of Business zusammensetzt.“
Das nahende Ende des persönlichen Vermittlers sieht Littich nicht. Die Zukunft liege nicht darin, dem Kunden ein Produkt zu verkaufen, sondern ihm ein Bedürfnis abzunehmen – und zwar mit einem individuellen, maßgeschneiderten Produkt. „Und genau dafür braucht er einen Berater.“
Was aber, wenn die Tendenz zu standardisierten Produkten geht? Der Allianz-Chef glaubt das nicht: „Junge Kunden kaufen keine standardisierten Produkte, sondern sie konfigurieren sie – ob Müsli, Rad oder Skateboard. Sie wollen am Driving Seat sitzen und Dinge beeinflussen können. Das ist der Trend der Zeit.“
„Wer von Standardisierung spricht, treibt die Vergleichsplattformen dieser Welt an“
Klar ist aber auch: „Wer aber als Versicherer oder Makler nach wie vor in Produktkategorien denkt, wird ein Problem bekommen.“ Denn die reine Produktwelt werde vergleichbar werden. „Dann stellt sich sehr wohl die Frage, ob ein physischer Vermittler noch notwendig ist, wenn ohnehin der Computer vergleicht.“ Die Makler müssen, so Littich, auf individualisierte Produkte bestehen – „denn wer von Standardisierung spricht, treibt automatisch die Vergleichsplattformen dieser Welt an. Deshalb sitzen die Makler und Versicherungsunternehmen im selben Boot.“
Der Kunde steht im Fokus, und zwar auch, wenn über effizientere Kommunikation diskutiert wird. „Was will der Endkunde? Ich glaube, er will eine andere Form der Kommunikation, und er will auch Produkte direkt auf einer Maklerplattform abschließen können.“ Dabei gehe es um einfache Produkte, bei denen der Makler möglicherweise gar kein Interesse hat, den Kunden dazu ausführlich zu beraten.
Digital und analog müssen kombiniert werden
„Die digitale Welt steht nicht im Gegensatz zur analogen, vielmehr verschwimmen diese Welten ständig.“ Auch in anderen Branchen wechseln Kunden permanent zwischen virtueller und realer Welt. „Warum sollte das bei Versicherungen nicht so sein?“ Das heißt aber auch, es wäre falsch, im Vertrieb nur auf Online oder Offline zu setzen. „Eine Vertriebsorganisation ist nur dann erfolgreich, wenn sie alle Kanäle anbietet.“
zurück zur Übersicht
Beitrag speichern
sharing is caring
Das könnte Sie auch interessieren