Versicherungen und Banken investieren Millionenbeträge in ihre Digitalisierung und den Kundenservice, aber nur ein Drittel der Kund:innen bescheinigt ihnen Verbesserungen im Vergleich zu vor fünf Jahren. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung EUROGROUP CONSULTING (EGC), für die jeweils 1.000 Versicherungs- und Bankkund:innen in Österreich befragt wurden.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 19.10.2023
Einer der Gründe dafür: Die Unternehmen holen das Feedback ihrer Kund:innen nicht ein und können somit auch nicht daraus lernen. So wurden laut der Umfrage lediglich 28% der Versicherungskund:innen und 23% der Bankkund:innen nach ihrem letzten Kontakt um Feedback gebeten. Und das obwohl diese durchaus bereit sind, von ihren Erfahrungen zu berichten: 89% der Befragten würden laut der Studie Feedback geben – und das nicht nur mittels Sternchen oder Schulnote. Vier von zehn Befragten würden eine ausführliche Bewertung in eigenen Worten formulieren.
Dr. Rainer Schamberger, Partner und Geschäftsführer bei der Unternehmensberatung Eurogroup Consulting:
"Unternehmen, die das Feedback ihrer Kunden und Kundinnen nicht einholen, verspielen entscheidende Wettbewerbsvorteile. Kontinuierlich Rückmeldungen zu erfragen, ist essenziell, um die eigenen Prozesse und Leistungen den sich ändernden Umständen anzupassen."
Und nur mittels Kunden-Feedback lasse sich gezielt an bestehenden Schmerzpunkten der Kund:innen arbeiten und wirklicher Mehrwert schaffen. In Bezug auf den Service sei dies umso wichtiger, als sich die Finanzprodukte selbst kaum noch voneinander unterscheiden würden und der Kundenservice daher die entscheidende Rolle bei der Anbieterauswahl spiele.
„Begeistert“ ist das neue „Zufrieden“
19% der Kund:innen sind laut Studie vom jüngsten Kontakt mit ihrer Versicherung oder Bank begeistert. 73% der Befragten zufrieden.
Dr. Rainer Schamberger:
"Begeistert ist das neue Zufrieden. FinTechs sowie BigTechs wie Amazon und Apple setzen extrem hohe Maßstäbe im Hinblick auf schnelle und reibungslose Abläufe. Wer nicht mithalten kann, verliert insbesondere die jungen Zielgruppen."
Zudem würden die Unternehmen in diesem Fall auf ein wichtiges Marketinginstrument verzichten. Denn wer begeistert sei, erzähle dies weiter.
Eine besonders wichtige Voraussetzung für Begeisterung ist laut der Studie die Geschwindigkeit, an die Kund:innen hohe Ansprüche stellen. So erwartet der Großteil von ihnen bei einer Informationsabfrage innerhalb von 24 Stunden eine Antwort. Wird die Anfrage über die App gestellt, gilt dies bei Versicherungen für 78% und bei Banken für 82% und der Befragten. Bei einer Vertragsänderung liegen die Erwartungen an die Geschwindigkeit nur minimal darunter.
Digitale Kanäle akzeptiert – persönliche Betreuung unverzichtbar
Wichtig im Hinblick auf begeisterte Kund:innen ist jedoch auch eine freundliche und kompetente Beratung – und das nicht nur auf digitalem Wege. Denn auch wenn die digitalen Kanäle wie E-Mail, Unternehmenswebsite oder App laut der Umfrage mehrheitlich akzeptiert sind und in Zukunft noch stärker gefragt sein werden, bezeichnen sich lediglich 16% der befragten Versicherungskund:innen als „digitale Kunden“, die ihre Versicherung am liebsten online kontaktieren. Bei Banken sind es 38%. Insbesondere auch junge Kundengruppen suchen den persönlichen Kontakt: Auch bei Versicherungen bezeichnen sich 18% der 16- bis 24-Jährigen als digitale Kunden, bei Banken und Sparkassen sind es 38%.
Ein weiterer Punkt, in dem sich Versicherungen und Banken deutlich verbessern können, sind ihre Marketingkampagnen, die vor allem dann Erfolg versprechen, wenn Kund:innen maßgeschneiderte Angebote erhalten: 81% Prozent der Befragten erklären, dass sie nie, selten oder manchmal personalisierte Werbung erhalten. Lediglich 19 Prozent der Befragten geben zu Protokoll, nahezu immer individuell angesprochen zu werden. Positiv für die Versicherungen und Banken: Eine UWG-Einwilligung, die zur Zusendung von Werbung ebenso wie zum Einholen von Feedback benötigt wird, sind Kund:innen bei Versicherungen und Banken zu rund 77% bereit zu geben, mit Abstand am häufigsten, wenn es um die Kontaktaufnahme per Mail geht.
Mag. Hermann Sgardelli, Principal bei Eurogroup Consulting:
"Ob man es Costumer Centricity, Kundenfokussierung oder Customer Experience Management nennt: Es geht darum, den Kunden konsequent in den Mittelpunkt zu stellen."
Versicherungen ebenso wie Banken hätten großen Nachholbedarf – auch bei der Nutzung vorhandener Daten. Oftmals würden diese in Silos lagern, statt dass sie für die maßgeschneiderte Kundenansprache genutzt werden. Idealerweise würden Versicherungen und Banken ihren bisherigen Reifegrad in Bezug auf Kundenzentrierung bestimmen und konkrete Projekte zur Verbesserung der Customer Experience starten.
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