In der Betriebshaftpflichtversicherung sind Mitarbeiter in der Regel mitversichert – mitunter auch bei Arbeitsunfällen untereinander. Bei allzu großem Leichtsinn ist der Versicherer aber leistungsfrei, wie eine OGH-Entscheidung nach einem dramatischen Vorfall zeigt. Schadenexperte Dr. Wolfgang Reisinger kommentiert den Fall (7 Ob 124/16k).
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 02.03.2017
Im Juli 2010 führte der mitversicherte Vorarbeiter auf einer Baustelle Endarbeiten für den Bau eines Kanals durch. Mit einem Bagger hob er Teile der Künette aus. Ab einer Tiefe von 1,25 Metern müssten solche Ausschachtungen eigentlich immer abgesichert werden. Obwohl ihn sein Arbeitgeber ausdrücklich dazu angewiesen hatte, Künetten entsprechend abzusichern, entschied der Arbeiter angesichts der Qualität des Erdreiches und um mehr Zeit- und Arbeitsaufwand zu vermeiden, die Rohre ohne Absicherung zu verlegen. Als er und ein ihm untergeordneter Mitarbeiter die Arbeiten in der Künette erledigt hatten und wieder hinauf stiegen, stürzte die Künette ein, der Mitarbeiter wurde verschüttet und starb.
Vorarbeiter wusste von Mängeln
Nun lehnte der Versicherer die Leistung ab. Darauf folgte ein Deckungsstreit durch die Instanzen, dem der Oberste Gerichtshof ein Ende bereitete und die Klage des mitversicherten Arbeiters abwies. Der Kläger habe als Vorarbeiter einen Mitarbeiter Rohre in der mangelhaft hergestellten Künette verlegen lassen, obwohl er von der fehlenden, aber eigentlich notwendigen Pölzung wusste. Dieser Mangel habe auch zum Schadenseintritt und zur Ersatzforderung gegen den Vorarbeiter geführt. Damit seien alle Tatbestandsmerkmale des Risikoausschlusses verwirklicht.
„Schadensfälle halten sich nicht immer daran, ob Arbeit beendet wurde“
Der Haftpflichtversicherer hat auch argumentiert, der Mitversicherte habe bewusst gegen Vorschriften gehandelt und den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt, was ebenfalls zum Ausschluss der Deckung führe (Art 3 EHVB). Dagegen spreche laut Reisinger der Umstand, dass dieser Ausschluss-Tatbestand nur zu Lasten des Versicherungsnehmers, dessen gesetzliche Vertreter oder dessen leitende Angestellte gelte – was das Berufungsgericht bei der Klagsstattgebung berücksichtigt habe. Nicht geteilt wurde vom OGH allerdings die Ansicht des Berufungsgerichtes, der Risikoausschluss der bewusst mangelhaft erbrachten Dienstleistung setze voraus, dass der Versicherte seine Tätigkeit beendet habe, ohne die ihm bekannte Mangelhaftigkeit der Ware oder Arbeitsleistung vorher zu beheben. „Gerade der vorliegende Fall ist ein Beispiel dafür, dass Schadensfälle sich nicht immer daran halten, ob eine Arbeit bereits beendet wurde oder nicht“, sagt Reisinger. „Das Berufungsgericht war allerdings verständig genug, die Revision zuzulassen.“
Auf Seiten des Mitversicherten hat sich die AUVA dem Streit als Nebenintervenientin angeschlossen, da sie naturgemäß aus diesem Arbeitsunfall erhebliche Leistungen erbringen musste. Für Reisinger ist es „erstaunlich, dass diese Nebenintervention zugelassen wurde“, zumal die AUVA bestenfalls ein wirtschaftliches, aber kein rechtliches Interesse am Sieg des Kläger haben könne.
Der gesamte Artikel von Dr. Wolfgang Reisinger erscheint in der AssCompact März-Ausgabe.
zurück zur Übersicht
Beitrag speichern
sharing is caring
Das könnte Sie auch interessieren