Makler sind im Zeitalter umfassender Digitalisierung gefragter denn je. Doch was bedeutet Digitalisierung für die Makler selbst? Das erklären Dr. Jörg Mußhoff, Seniorpartner und Leiter der McKinsey Versicherungs-Practice, und Dr. Claudia Max, Juniorpartnerin und Leiterin der europäischen McKinsey Makler-Service-Line.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 11.12.2018
Den aktuellen finanziellen und regulatorischen Herausforderungen können Makler begegnen, indem sie ihr Geschäftsmodell digitalisieren. Denn die Erträge steigen, wenn digitale Anwendungen effizientere Prozesse ermöglichen – in der Interaktion mit Kunden oder Versicherern ebenso wie intern im Maklerhaus. Zugleich helfen Advanced Analytics, Werbemittel zur Neukundengewinnung gezielter einzusetzen und vertriebliche Aktivitäten zum Cross-Selling im Bestand effektiver zu machen. Wer außerdem digitale Servicekanäle einrichtet und die Kundenkommunikation digital unterstützt – beispielsweise über Chatbots, Apps oder Social Media –, kann den Kunden ein zeitgemäßes, ansprechendes Serviceerlebnis bieten. Darüber hinaus beschleunigt Automatisierung die internen Prozesse und ermöglicht es den Maklern, mehr Zeit in die Kundenbetreuung zu investieren; digitale Self-Services und Remote-Beratung bieten weitere Entlastung.
Chancen durch Digitalisierung bieten sich den Maklern entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette unter anderem in drei Bereichen:
1. Leadmanagement – mehr und bessere Leads in Abschlüsse umwandeln
Wer Leadbearbeitung mit digitalen Tools (z. B. ForceManager, Hubspot) professionalisiert, kann deutlich effektiver qualifizierte Leads erwerben oder selbst generieren und sie in neue Kunden und Abschlüsse umwandeln. Hierbei ermöglichen mobile Lead-Dashboards immer und überall eine übersichtliche, aktuelle Auswertung der „Lead-Pipeline“ – wobei sich moderne Dashboards zunehmend automatisch befüllen. Zudem werden beim „Lead-Profiling“ alle Daten aus vergangenen Interaktionen sowie alle Social-Media-Aktivitäten der Leads mittels fortschrittlicher Analytik ausgewertet. Ergebnis sind fundierte Empfehlungen für die effektivste Weiterbearbeitung der Leads.
2. Vollständig digitale Verkaufsprozesse – von der Beratung über die Tarifierung bis zum Abschluss
Hier liegt das größte Nutzenpotenzial der Digitalisierung und Automatisierung bei Maklern. Das erste Ziel sollte deshalb eine voll mit MVP und CRM-System integrierte Beratungs- und Vergleichsstrecke inklusive des digitalen Abschlusses sein. Damit entfallen Papier und Postwege, die aufwendige und fehleranfällige Mehrfacherfassung von Daten sowie Wartezeiten für den Kunden. Zudem unterstützt ein digitaler Beratungsprozess die Haftungssicherheit des Geschäfts. Eine mögliche Ausbaustufe ist es, mit Kunden per Videotelefonie die gesamte Beratungsstrecke zu durchlaufen, inklusive animierter Schadenszenarien am geteilten Bildschirm.
3. Digitale administrative Prozesse – Verwaltung und Schnittstellen effizient gestalten
Dieser Digitalisierungsschritt erfordert zunächst eine Anbindung an die Versicherer auf Basis des BiPRO-Standards, die alle führenden Maklerverwaltungsprogramme zum kontinuierlichen Austausch von Vertrags-, Schaden- und Zahlungsdaten bieten. Zudem lässt sich der Schriftguteingang mittels eines OCR-Systems vollständig digitalisieren. Diese Daten werden dann direkt ins MVP auf BiPRO-Standard eingelesen, gescannte Dokumente werden zudem möglichst vollautomatisch zugeordnet und archiviert. Somit verbringen Makler weniger Zeit mit internen Prozessen, können sich aber dennoch sicher sein, dass diese im Hintergrund zuverlässig ablaufen.
Darüber hinaus bietet ein vollständig digitaler Schadenprozess – von der Schadenmeldung bis zur Bezahlung – enorme Chancen. Denn auch wenn dieser Prozess dann direkt zwischen Kunde und Versicherer erfolgt, ist der Makler jederzeit über die Abläufe im Bilde, bewahrt sich den Kundenzugang und wird gleichzeitig zeitlich entlastet.
Der anspruchsvolle Weg zum digitalen Makler
Die Digitalisierung der gesamten Wertschöpfungskette – vom Kunden über die Makler bis hin zum Versicherer – bietet also erhebliches Potenzial. Dennoch nutzen Makler digitale Lösungen bisher meist nur für einzelne Geschäftsprozesse. Die daraus folgenden Ineffizienzen spüren Makler selbst, aber auch Mitarbeiter und Kunden. Um konsequent zu digitalisieren, sollten Makler ihre Prozesse also vom Kunden bis hin zum Versicherer betrachten und auf dieser Basis ihren eigenen digitalen Umsetzungsfahrplan definieren.
Der eigenständige Weg zum digitalen Makler ist allerdings nicht leicht, da die Auswahl innerhalb des digitalen Werkzeugkastens groß ist, Budget und Planungshorizont jedoch meistens nicht. Zudem können Makler hier auch nicht alles alleine leisten. Vielmehr ist es für eine durchgängige Digitalisierung notwendig, dass Systemanbieter, Versicherer und Makler zusammen die technischen Standards weiter ausbauen. Gelingt dies, kann der Maklervertrieb seine Erfolgsgeschichte weiterschreiben.
Quelle: AssCompact Deutschland; bearbeitet durch Redaktion Österreich
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