Nach dem Einbruch in ein Juweliergeschäft folgt ein Streit mit dem Versicherer. Konkret geht es um die Frage, wie die Waren aufbewahrt werden.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 10/11/2019
Das Juwelier- und Uhrmachergeschäft war mit einer Versicherungssumme von 401.650 Euro versichert. Umfasst waren laut Allgemeinen Bedingungen für die Einbruchs-Diebstahlversicherung (Art 3 AEB 2010) „Geld und Geldeswerte, Sparbücher, Wertpapiere, Urkunden, Schmuck-, Gold- und Platinsachen, Edelsteine, Edelmetalle und echte Perlen sowie Münzen und Briefmarkensammlungen (…) in den in der Polizze bezeichneten versperrten Behältnissen“.
Im Vertrag wurden zwei Positionen mit je 51.141,39 versichert, nämlich „Waren und Vorräte ständig außerhalb von Behältnissen“ und „Waren und Vorräte temporär außerhalb von Behältnissen“.
Juwelier klagt auf Schadenersatz
Im April 2017 kam es im Geschäftslokal zu einem Einbruchdiebstahl. Dabei wurden Waren, Schmuck und Uhren im Gesamtwert von über 140.000 Euro gestohlen. Außerdem hatte die Klägerin etwa 8.300 Euro an Reparatur- und Aufräumkosten aufzuwenden.
Der Versicherer zahlte eine Teilleistung von knapp 38.000 Euro. Daraufhin forderte die klagende GmbH die Zahlung von weiteren rund 73.000 Euro Schadenersatz. Sie bewahre die versicherte Ware zum Teil ständig außerhalb von Behältnissen und zum Teil temporär – zur Präsentation an Kunden – außerhalb von Behältnissen auf. Ihr gebühre die Versicherungssumme aus beiden Positionen mit nunmehr jeweils rund 51.000 Euro sowie die aufgewendeten Reparatur- und Aufräumkosten von 8.300 Euro.
Schaufenster und Vitrinen als „Behältnisse“?
Der Versicherer entgegnete dem, dass weder Schaufenster noch Vitrinen Behältnisse im Sinne der Versicherungsbedingungen seien. Daher komme hier lediglich die Position betreffend die Verwahrungsart „ständig außerhalb von Behältnissen“ zur Anwendung, sodass die Versicherungssumme nur einmalig in Höhe von rund 51.000 Euro zustehe.
Das Erstgericht gab der Klage statt. Der Versicherer habe der Klägerin bei Vertragsabschluss zugesagt, dass sich der Ausdruck „Behältnisse“ in der Polizze auf die im Geschäftslokal befindlichen Vitrinen beziehe. Es seien somit die Waren in den Vitrinen (temporär zur Präsentation außerhalb von Behältnissen) als auch die Waren in den Schaufenstern (ständig außerhalb von Behältnissen) versichert. Hinzuzurechnen seien auch die Reparatur- und Aufräumkosten.
Keine kumulative Anwendung der Versicherungssummen
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil teilweise ab, indem es den Versicherer zur Zahlung von rund 22.000 Euro Schadenersatz verpflichtete und das Mehrbegehren von 51.000 Euro abwies. In der Sachversicherung sei die Versicherung von Positionen mit eigenen Versicherungssummen durchaus gebräuchlich, wobei jede Position so behandelt werde, als liege ein eigener Versicherungsvertrag vor. Für eine kumulative Anwendung der Versicherungssummen bestehe keine Veranlassung. Die Revision wurde zugelassen, da es keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage gebe, ob der Versicherungsnehmer bei einer Einbruchsdiebstahlversicherung auch jene Versicherungssumme in Anspruch nehmen dürfe, die für eine weniger diebstahlsichere Verwahrung vereinbart sei.
Weiteres Verfahren zum Aufbewahrungsort
Für den Obersten Gerichtshof (7Ob97/19v) war die Rechtssache noch nicht spruchreif. Es fehlen Feststellungen zum Aufbewahrungsort der Waren zum Zeitpunkt des Diebstahls. Daher könne derzeit auch nicht beurteilt werden, welcher Warenwert welche der beiden Positionen betrifft und damit auch nicht, in welchem Umfang die jeweilige Versicherungssumme verbraucht ist.
Die Positionen seien durch die Art der Aufbewahrung „ständig bzw. temporär außerhalb von Behältnissen“ abgegrenzt. Weil die qualifizierte Verwahrung (temporär außerhalb von Behältnissen) zugleich die Voraussetzungen der einfacheren Verwahrung (ständig außerhalb von Behältnissen) erfüllt, müsse ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer davon ausgehen, dass die bloß temporär außerhalb von Behältnissen verwahrten Waren jedenfalls auch unter der Position „ständig außerhalb von Behältnissen) verwahrt versichert sind.
Liegt daher der Wert der Waren unter der Position „ständig außerhalb von Behältnissen“ unter und jener der Position „temporär außerhalb von Behältnissen“ über der jeweils vereinbarten Versicherungssumme, so könnte im vorliegenden Fall für letztere eine weitere Entschädigung aus der Versicherungssumme der Position „Waren und Vorräte ständig außerhalb eines Behältnisses“ in Betracht kommen. Das Erstgericht habe daher im fortgesetzten Verfahren Feststellungen zum Aufbewahrungsort der gestohlenen Waren zu treffen.
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