Der österreichische Versicherungsmarkt im Jahr 2024 war weiterhin stark von der Zinswende, den Auswirkungen des Klimawandels und der verstärkten Nutzung digitaler Technologien geprägt. Dies geht aus dem aktuellen Bericht der österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA) zur Lage der Versicherungswirtschaft hervor, der heute veröffentlicht wurde.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 16.12.2024
Die Zinserhöhungen der Zentralbanken zur Bekämpfung der Inflation seit 2022 sowie hohe Schadenssummen durch Naturkatastrophen – allein die Unwetter in Österreich und den Nachbarländern im September verursachten rund 700 Mio. Euro an Schäden – rückten das Liquiditätsrisiko der Versicherungsunternehmen verstärkt in den Fokus der Aufsicht. Während der Phase niedriger Zinsen waren weniger liquide Anlagen für die Erwirtschaftung garantierter Renditen in der Lebensversicherung besonders attraktiv. Vor allem Immobilien spielen mit einem Anteil von etwa 10% am Gesamtvermögen österreichischer Versicherungen eine europaweit herausragende Rolle.
Um makroprudenzielle Risiken und potenzielle Schwachstellen besser zu bewerten, beteiligte sich die FMA 2024 am von der European Insurance and Occupational Pensions Authority (EIOPA) koordinierten Stresstest für europäische Versicherungsgruppen. Dieses Szenario simulierte einen plötzlichen Anstieg von Zinsen und Inflation in Kombination mit einer Welle von Massenstornierungen. Aus Österreich nahm die Vienna Insurance Group an diesem Stresstest teil. Parallel dazu führte die FMA basierend auf dem europäischen Szenario einen vereinfachten Stresstest für den heimischen Versicherungsmarkt durch, dessen Ergebnisse die solide Kapitalbasis der österreichischen Versicherungsunternehmen bestätigten.
Ein weiterer Stresstest beschäftigte sich mit den Auswirkungen der wirtschaftlichen Transformation hin zu einer kohlenstoffärmeren Produktion, wie sie im "Fit for 55"-Maßnahmenpaket der Europäischen Union vorgesehen ist. Seit 2019 führt die FMA regelmäßig Klimastresstests durch und legte 2024 erstmals das Fit-for-55-Szenario zugrunde, um mögliche Belastungen für die Versicherungsportfolios zu analysieren.
Die Untersuchung ergab, dass die österreichische Versicherungsbranche grundsätzlich in der Lage ist, die durch das Maßnahmenpaket verursachten wirtschaftlichen Veränderungen zu verkraften. Ein Risiko besteht jedoch in möglichen Zweitrundeneffekten, durch die Verluste von bis zu 16% der Vermögenswerte auftreten könnten – ein Wert, der mit den Ergebnissen auf europäischer Ebene vergleichbar ist. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, Klima- und Transitionsrisiken in das Risikomanagement einzubeziehen.
Zusätzlich widmete sich die FMA verstärkt der Resilienz der Versicherungsunternehmen gegenüber Cyberrisiken. Diese Vorbereitung erfolgt vor dem Hintergrund der ab 2025 geltenden EU-Verordnung DORA (Digital Operational Resilience Act), die umfassende Anforderungen an das IKT-Risikomanagement der Finanzbranche stellt.
zurück zur Übersicht
Beitrag speichern
sharing is caring
Das könnte Sie auch interessieren