Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch kommentiert für AssCompact regelmäßig für die Versicherungsbranche relevante OGH-Entscheidungen. Im heutigen Fall geht es um einen Streitfall betreffend die Kaskoversicherung.
Artikel von:
Dr. Roland Weinrauch
Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte|https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Was ist passiert? Die Versicherungsnehmerin hat für ihr KFZ einen Kaskoversicherungsvertrag abgeschlossen. Im Mai 2023 verursachte ihr Lebensgefährte in alkoholisiertem Zustand mit diesem Fahrzeug einen Autounfall. Im Vertrag war folgende Alkoholklausel festgelegt:
„Zum Zweck der Verminderung der Gefahr oder der Verhütung einer Erhöhung der Gefahr sind die Obliegenheiten vereinbart,
[...]
(2) dass sich der Lenker nicht in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet.
[...]“
Die Versicherungsnehmerin machte daraufhin die Versicherungsleistung für die durch den Unfall verursachten Schäden geltend. Der Versicherer wendete dagegen die Verletzung der Alkoholklausel ein.
Wie ist die Rechtslage?
In seiner Entscheidung vom 28.08.2024, 7 Ob 158/24x, stellte der OGH zunächst klar, dass die Alkoholklausel grundsätzlich nicht nur dann anwendbar ist, wenn der Versicherungsnehmer in alkoholisiertem Zustand einen Unfall verursacht, sondern sich auch auf jenen Fall erstreckt, wenn der Versicherungsnehmer einer anderen derart beeinträchtigten Person sein KFZ überlassen hat. Einem Versicherungsnehmer kann dies aber nicht zur Last gelegt werden, wenn er beweisen kann, frei von jeglichem Verschulden zu sein oder er einen Kausalitätsgegenbeweis erbringt. Nur wenn der Verdacht der Obliegenheitsverletzung vollständig ausgeräumt ist, daher keine Negativfeststellungen mehr bestehen, hat der Versicherer zu leisten.
In gegenständlichem Fall existierte eine Negativfeststellung, nämlich dass nicht nachgewiesen werden konnte, dass die Versicherungsnehmerin den zuvor schon in einem Lokal und später zuhause fortgesetzten Alkoholkonsum ihres Lebensgefährten nicht wahrgenommen hatte. Weil ebendiese Negativfeststellung schon nicht beseitigt werden konnte, erübrigten sich die daran anknüpfenden Fragen nach einer möglichen Verletzung der Nachforschungspflicht und das Auffallen von Anzeichen einer Alkoholisierung.
In diesem Zusammenhang wurde auch das konstitutive Anerkenntnis erläutert. Hierbei handelt es sich um eine Willenserklärung durch den Schuldner, nach ernstlicher Behauptung des Anspruches des Gläubigers das Recht anzuerkennen und somit gleichzeitig bestehende Zweifel daran zu beseitigen. Dadurch entsteht eine neue selbstständige Verpflichtung, unabhängig vom Verschuldensgrad zu leisten und selbst, wenn es im Zeitpunkt des Anerkenntnisses Unsicherheiten gab. Es stellt ein abstraktes Geschäft dar, was nach österreichischem Recht grundsätzlich unzulässig ist. Wirksam wäre es bloß dann, wenn dadurch Streitigkeiten hinsichtlich eines bestimmten Rechts bereinigt werden sollen.
Schlussfolgerung
"„Die Alkoholklausel im Zusammenhang mit Kaskoversicherungen gilt auch dann, wenn jemand anderes als der Versicherungsnehmer aufgrund von Alkohol einen Autounfall verursacht. Es gilt dann zu beurteilen, ob der Versicherungsnehmer seine Obliegenheiten verletzt hat, indem er sein Fahrzeug schuldhaft einer alkoholisierten Person zum Lenken überlassen hat, dabei muss jedwede Negativfeststellung ausgeräumt sein, damit eine Leistungspflicht seitens des Versicherers bejaht werden kann.“"
zurück zur Übersicht
Beitrag speichern
sharing is caring
Das könnte Sie auch interessieren