Die Aufklärungspflichten des Versicherungsmaklers bei der Vermittlung von klassischen, insbesondere aber von fondsgebundenen Lebensversicherungen wirft in der Praxis immer wieder Fragen auf. Dabei stellt sich nicht nur die Frage, worüber aufzuklären ist, sondern vor allem auch wie. Das WAS ist dabei meist die leichtere Übung.
Artikel von:
Rechtsanwalt Dr. Walter Niederbichler
Haus des Rechts, Destaller Mader Niederbichler Griesbeck Sixt Rechtsanwälte GmbH
Natürlich muss über das Risiko (Kapitalverlust), die Anlegerklassifizierung, die Kosten, die Wünsche und Bedürfnisse sowie die steuerlichen Auswirkungen einer fondsgebundenen Lebensversicherung etc. aufgeklärt werden. Die Aufklärung des Versicherungsmaklers muss immer so erfolgen, dass sie der Empfänger (Kunde) versteht und er dadurch eine ausreichende Basis hat, um seine (Veranlagungs-) Entscheidung wohlüberlegt treffen zu können.
Natürlich darf das Kapitalverlustrisiko nicht bagatellisiert oder das hohe Risiko nur als völlig übertriebene Formsache des Ermittelten dargestellt werden, das faktisch und praktisch ohnehin nie eintritt oder zumindest äußerst unwahrscheinlich sei.
Dabei müssen Sie als Versicherungsmakler stets redlich, ehrlich, professionell und im besten Interesse des Kunden handeln. In der Praxis zeigt sich auch häufig, dass der Versicherungsmakler im Rahmen der Aufklärung immer individuell auf seinen Kunden eingehen muss und dies auch entsprechend zu dokumentieren hat. In einem Haftungsprozess ist daher ein lückenhaftes oder unvollständiges Beratungsprotokoll suboptimal und wird häufig zum Prozessverlust führen. Es reicht auch nicht der allgemeine, meist bereits im Anlegerprotokoll vorformulierte Satz, dass der Kunde über den Kapitalverlust aufgeklärt wurde. Diese „stereotypen“ Formulierungen werden von der Judikatur häufig als unzureichend betrachtet.
Die ordnungsgemäße Aufklärung orientiert sich immer am konkreten Einzelfall
So kann ein einfacher Bauarbeiter manchmal über mehr „Anlegerwissen“ verfügen als ein akademisch gebildeter Betriebswirt, Jurist oder Arzt, der nur vorgibt, ein entsprechendes Wissen zu haben. Es zeigt sich immer wieder, dass auch diese Berufsgruppen in Wirklichkeit uninformiert, ja unbeholfen sind und meistens eine überzogene Renditeerwartung haben. Sie müssen sich also im Vorfeld bereits überlegen, WIE bringe ich dies meinem Kunden bei.
Natürlich ist auch klar, dass eine erschöpfende, 100%ige Aufklärung das Menschenmögliche und auch das dem Versicherungsmakler Mögliche übersteigt. Auch er kann natürlich nicht alles wissen, selbst wenn er noch so viel Zeit und Mühe darauf verwendet. Sie schulden Ihrem Kunden aber auch nicht das Wissen eines absoluten Spitzenmaklers auf dem Gebiet der fondsgebundenen Lebensversicherung, sondern schulden Sie als Fachmann im Sinne des § 1299 ABGB „nur“ das durchschnittliche Wissen eines Versicherungsmaklers, der Lebensversicherungen vermittelt. Diese Sparte in der Versicherungswirtschaft ist für die Absicherung und Vorsorge Ihrer Kunden immens wichtig, sodass die Mühe der Aufklärung nicht als Ausrede dafür dienen sollte, derartige Produkte nicht anzubieten. Und verdienen kann man damit auch ganz gut.
Schnittstelle zwischen Versicherer und Versicherungsvermittler
Grenzwertig wird es manchmal an der Schnittstelle zwischen Versicherer und Versicherungsvermittler. Grundsätzlich können Sie natürlich darauf vertrauen, dass Produkte, die in Österreich angeboten werden, ausreichend geprüft sind. Die versicherungsmathematischen Berechnungsgrundlagen sind vom Anbieter der FMA vorzulegen und sollten daher auch für Sie „safe“ sein. Dass es auch anders sein kann, zeigt der (aktuelle) Fall, Dread Disease, einer namhaften österreichischen Versicherungsgesellschaft. Der USP dieses Produktes ist, dass lediglich die Versicherungssteuer und Verwaltungskosten von 1% von der Prämie vorab abgezogen werden, die restliche Prämie geht in die Fondsveranlagung (Deckungsrückstellung). Der Fonds selbst wird natürlich vom Versicherungsnehmer ausgesucht. Alle weiteren Kosten, insbesondere die Verwaltungskosten des Fonds, die Abschlusskosten und die Risikokosten werden aus dem Fondsvermögen gespeist. Die Risikokosten werden jährlich aufgrund des Alters des Versicherungsnehmers und der Differenz zwischen der Deckungsrückstellung und der vereinbarten Versicherungssumme neu berechnet und aus der Deckungsrückstellung entnommen. Und genau hier liegt das Problem. Im Zeitpunkt des Abschlusses dieses Versicherungsvertrages ist-auch für den Versicherer-nicht klar, wie sich die Risikoprämie entwickeln wird. Der VN hat also nicht nur das Risiko der möglichen negativen Performance seines gewählten Anlagefonds (Anlegerrisiko), sondern auch das Risiko der jährlich steigende Risikokosten, da diese (natürlich) die Differenz zwischen der schlechten Performance der Deckungsrückstellung zur vereinbarten Versicherungssumme auffangen muss.
Aufgrund der schlechten Performance des vom Kunden gewählten Fonds im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise 2008, ergab sich das Problem, dass aufgrund der steigenden Risikokosten das Fondsvermögen weit vor der vereinbarten Laufzeit des Versicherungsvertrages aufgebraucht war. Der VN erhielt lediglich eine lapidare Mitteilung des VU, dass der Vertrag nun mangels Deckung beendet sei. Dies führte natürlich zu einem lauten Aufschrei der Versicherungsnehmer, die 20 Jahre oder mehr Prämienzahlungen geleistet haben und statt eines erklecklichen Betrages am Ende der Laufzeit zu erhalten, zur Kenntnis nehmen mussten, dass der Vertrag vor Ablauf seitens des Versicherers beendet wurde.
Das Problem dieses Produktes liegt offensichtlich in der Risikoprämie, deren Höhe bei Abschluss des Vertrages niemand konkret vorhersagen konnte. Das Produkt war daher von vornherein eine Blackbox, die in vielen Fällen zu einem sehr unbefriedigenden Ergebnis für den Versicherungsnehmer geführt hat. Hätte der Versicherungsmakler in diesem Fall nicht nur über den möglichen Kapitalverlust im Rahmen der Veranlagung, sondern auch über diesen Umstand aufklären müssen? Oder, wenn er diese Art der Berechnung der Risikoprämie nicht erkannt hat, darf er Produkte vertreiben, die er nicht versteht? Hier ist die Antwort einfach: Nein. Aber Gott sei Dank gibt es im Markt eine Vielzahl von Produkten, die transparent sind und tatsächlich nur das Risiko des Kapitalverlustes der Anlage haben.
RA Dr. Walter Niederbichler bei den Beratertagen Öberösterreich und Graz
RA Dr. Walter Niederbichler wird an den Beratertagen in Oberösterreich (Messe Wels, EUROPACENTER) und Graz (Steiermarkhof) zum Thema „Beraterhaftung im Lichte der steigenden Anforderungen, mit Schwerpunkt Lebens- und Unfallversicherung - Tipps und Strategien zur Vermeidung bzw. Reduzierung des Haftungsrisikos“ referieren. „Produkte werden komplexer, Regulative ausgeprägter und die von der Judikatur geforderte Aufklärungspflicht umfangreicher. All das sind aus der Sicht des Juristen keine Gründe, die Finger von diesem wichtigen Geschäftsfeld zu lassen. In den Ausführungen erhalten Sie Inputs, wie Sie mit know how, einer guten Dokumentation und einer Portion gesunden Hausverstand auch dieses Risiko gut beherrschen“, informiert Dr. Niederbichler.
AssCompact Beratertage 2024
Die Beratertage bieten einen idealen Mix aus Fachvorträgen mit unabhängiger IDD-Zertifizierung, Highlights zum Produkt- und Serviceangebot namhafter Versicherungs- und Servicegesellschaften und Netzwerken im Messebereich zwischen unabhängigen Vermittlern, Regionalbetreuern der Gesellschaften sowie Vertriebsverantwortlichen aus den Zentralen.
Die Termine und Standorte mit den Locations im Überblick:
- Mittwoch, 10. April 2024 - Beratertag in OBERÖSTERREICH, Europacenter Messe Wels GmbH
Hier geht’s zur Anmeldung … - Dienstag, 16. April 2024 - Beratertag in GRAZ, Steiermarkhof
Hier geht’s zur Anmeldung … - Mittwoch, 17. April 2024 - Beratertag in WIEN, ARIANA
Hier geht’s zur Anmeldung … - Dienstag, 23. April 2024 - Beratertag in SALZBURG, Wyndham Grand Salzburg Conference Centre
Hier geht’s zur Anmeldung …
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