Mit komplexen Deckungsfragen in der Privat-Rechtsschutzversicherung hatte sich die Rechtsservice- und Schlichtungsstelle im Fachverband der Versicherungsmakler (RSS) auseinanderzusetzen. Die Streitpunkte: Werden die betroffenen Räume wirklich nur privat genutzt, und übersteigt die Größe der Liegenschaft den Versicherungsschutz nicht bei Weitem?
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 13.10.2016
Die beiden Kunden besitzen eine Liegenschaft und ein darauf errichtetes Gebäude. Dieses nutzen sie für private Zwecke, aber auch als – allerdings nicht gewerbsmäßige – Gästeunterkunft und als Goldschmiedeatelier, in dem Kurse angeboten werden. Um große Glasfronten am Gebäude reinigen zu lassen, beauftragen die Kunden einen Betrieb. Die Arbeiter sollen die Glasflächen dabei derart zerkratzt haben, dass diese ausgetauscht werden mussten.
Nun wollten die Kunden Deckung aus der Rechtsschutzversicherung, wobei im Vertrag unter anderem in der „Basisdeckung Privat & Beruf“ die Bausteine „Allgemeiner Schadenersatz-Rechtsschutz“ und „Schadenersatzrechtsschutz im Liegenschafts-Rechtsschutz im Selbstnutzungsbereich“, jeweils für den Privatbereich versichert sind. Dem Vertrag liegen die ARB 2003/ERB 2005 zugrunde.
Fensterflächen im privaten Bereich des Gebäudes?
Es folgten einige Unstimmigkeiten zwischen den Versicherungsnehmern bzw. deren Rechtsfreund und der Versicherung. Erstere brachten vor, es handle sich beim versicherten Objekt um ein „ausschließlich zu privaten Zwecken (Wohnhaus) genutztes Gebäude“, die Fensterflächen beträfen „ausschließlich die private Liegenschaft“.
Der Versicherer sah das anders. Den Grundrissplänen sei zu entnehmen, dass sich der Großteil der beschädigten Fensterflächen nicht im ausschließlich privat genutzten Bereich des Hauses befindet, sondern in Räumen, die (auch) der Gästebewirtung bzw. als Goldschmiedatelier dienen: Ess- und Wohnzimmer – wo laut Homepage der Kunden ein Frühstücksbuffet angeboten werde -, Billard- und Spielzimmer, Atelier, Vorraum, Wellnessbereich. Es könnte daher aus dem Risiko „Privatbereich: Vertrags-Rechtsschutz“ grundsätzlich nur Teildeckung für die Rückforderung jenes Werklohnes bestätigt werden, welcher die Reinigung der Fensterflächen der privat genutzten Räume betrifft.
Versicherer: Größe der Liegenschaft übersteigt Versicherungsschutz
Der Schaden an den Fenstern liege hingegen außerhalb des Erfüllungsinteresses des Werkvertrages und sei damit dem Risiko „Schadenersatz im Liegenschafts-Rechtsschutz“ zuzuordnen. Da die Kunden über einen reinen Privat-Rechtsschutz verfügen, umfasse das Bündelprodukt im Liegenschafts-Rechtsschutz grundsätzlich nur die Deckung für ausschließlich zu Wohnzwecken selbstgenutzte Liegenschaften inklusive dem dazugehörigem Grundstück bis 2.500m². Im gegenständlichen Fall sei die Liegenschaft einerseits nicht ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken selbst genutzt, andererseits seien die Versicherungsnehmer mit einer Gesamtfläche (laut Grundbuchsauszug) von 6.864 m² im Risikobereich „Liegenschafts-Rechtsschutz“ nicht versichert.
Kunden haben Beweise vorzubringen
Nun wandten sich die Versicherten an die RSS. Diese meint: Laut Tarif bestehe Versicherungsschutz als Eigentümer oder Mieter, Pächter oder persönlich dinglich Nutzungsberechtigter aller Einfamilienhäuser oder Wohnungen, die dem im Pkt. 1 definierten Personenkreis ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken dienen samt dazugehörenden Grundstücken bis zu 2.500m² Grundfläche sowie dazugehörenden Garagen/Abstellplätzen. Es sei an den Antragstellern, zu beweisen, dass die zu Wohnzwecken dienenden Flächen des 6.864 m² großen Grundstücks höchstens 2.500m² betragen.
Außerdem haben die Kunden zu beweisen, dass das Gebäude ausschließlich eigenen Wohnzwecken dient. Der Umstand, dass Gästezimmer vorhanden sind, sei noch kein schlüssiger Beweis für das Gegenteil – denn die Gästezimmer könnten auch der Unterbringung von privaten Besuchern, etwa Verwandten oder Freunden, dienen. Wenn sich die Versicherung auf die Homepage der Kunden bezieht, wo diese ihre Fremdenzimmer und Goldschmiedekurse beschreiben, werde die Richtigkeit dieser Aussagen von den Kunden nicht ausdrücklich zugestanden, sodass es sich auch diesbezüglich um eine strittige Tatsache handelt.
Fazit: Der strittige Sachverhalt könne nur durch ein Beweisverfahren nach den Zivilverfahrensgesetzen geklärt werden – die RSS wies den Schlichtungsantrag zurück.
Quelle: RSS/Fachverband der Versicherungsmakler; bearbeitet von AssCompact Österreich
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