Einen Autounfall mit Sachschaden meldet der Kunde erst Tage später. Zu spät, sagt der Versicherer und lehnt die Leistung ab. Warum das anschließende Gerichtsverfahren aus Deutschland auch für Österreich interessant sein kann, hat die RSS erläutert.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 21.06.2016
Ein Mann war mit seinem Auto gegen eine Betonmauer geprallt. Den Unfall meldete er erst acht Tage später bei der zuständigen Polizeidienststelle. Nun sollte seine Kfz-Versicherung – er hatte eine Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von 500 Euro – den Schaden decken. Warum sie das nicht getan hat, erklärt ein Blick in die dem Vertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung in Deutschland (AKB 2008).
Darin heißt es unter Anzeige- und Aufklärungspflicht: Der Kunde sei verpflichtet, jedes Schadenereignis, das eine Leistung der Versicherung zur Folge haben könnte, innerhalb einer Woche anzuzeigen. Zudem müsse er alles tun, was der Aufklärung des Schadenereignisses dienen kann und dürfe den Unfallort nicht verlassen, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen.
Aufklärungspflicht: Kunde muss am Unfallort bleiben
Laut der Versicherung habe der Kunde in diesem Fall seine Aufklärungsobliegenheit vorsätzlich verletzt. Das Oberlandesgericht Stuttgart gab ihm Recht. Zu den Aufklärungspflichten gehöre es nicht nur, dass der Kunde die Fragen des Versicherers zum Schadenereignis wahrheitsgemäß und vollständig beantworten kann, er dürfe eben auch den Unfallort nicht verlassen, bis das Wichtigste mit Polizei oder Geschädigten geklärt ist. Die entsprechende Bestimmung der AKB 2008 gelte auch für Fälle, in denen kein Fremdschaden besteht, der Kaskoversicherer aber an der Aufklärung interessiert sein könnte.
In Österreich ist die Lage weniger eindeutig
In Deutschland ist die Rechtslage wesentlich klarer als in Österreich - eben weil es in den Bedingungen ausdrücklich als Pflicht des Kunden genannt wird, am Unfallort zu bleiben. „Dadurch wird die Pflicht des Versicherungsnehmers zur Feststellung des Schadens im Vergleich zur österreichischen Bedingungslage bedeutend konkretisiert“, so die Rechtsservice- und Schlichtungsstelle im Fachverband der Versicherungsmakler.
In Österreich ist die Fahrerflucht ein Verwaltungsstrafdelikt (§ 4 Abs 5 StVO, Strafe bis zu 2.180 Euro), in Deutschland sogar gerichtlich strafbar (bis zu drei Jahren Haft). Beide Tatbestände sind jedoch nicht ausdrücklich in den Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung genannt. Also könne laut RSS auch in Österreich ein Verstoß gegen den entsprechenden Paragraph einen Verstoß gegen die Aufklärungsobliegenheit darstellen, muss aber nicht.
Versicherer müsste konkreten Verdacht beweisen
Vielmehr müsse der Versicherer eine konkrete Verdachtslage beweisen, die infolge Unterlassen der Anzeige objektiv im Nachhinein nicht mehr mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Wer einen Kunden berät, bei dem die Verletzung des § 4 Abs 5 StVO im Raum steht, muss darauf achten, dem Versicherer möglichst genaue Angaben zum Unfall zu liefern, um nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, der Lenker habe mit Verschleierungsvorsatz gehandelt.
Quelle: RSS/Fachverband der Versicherungsmakler; bearbeitet von AssCompact Österreich
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