Wer heute nachhaltig wirtschaften und sich auch dementsprechend vermarkten möchte, um nicht nur die eigene Verantwortung wahrzunehmen, sondern auch um bei einer immer kritischer werdenden Generation an Konsumenten und Mitarbeitern punkten zu können, kann nicht nur ein Nischeninvestmentprodukt an den ESG-Leitlinien ausrichten, sondern muss das ganze Unternehmen danach führen und seine Verantwortung in der Produktgestaltung, den Lieferketten, der Unternehmenskultur und den eigenen Investitionsentscheidungen wahrnehmen.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 10.08.2021
Von Mag. Markus Waghubinger (Foto), Gründer der finothek GmbH
Schon seit Jahren zeichnet sich ein Trend zu nachhaltigem Kaufverhalten von Konsumenten ab, die Pandemie hat diesen Trend beschleunigt. Zu diesem Schluss kommen jedenfalls mehrere Studien der letzten Monate. Bereits 2020 fand Gapgemini in einer Studie zum geänderten Kaufverhalten durch Corona heraus, dass rund 80% der Befragten begannen, ihr Kaufverhalten zu überdenken und bei Kaufentscheidungen mehr Wert auf Umweltschutz, soziale Verantwortung und Inklusivität legen. Rund zwei Drittel der Befragten gaben sogar an, sie mache der Kauf von nachhaltigen Produkten glücklich. Diese Studie zeigt, dass heute von Unternehmen verlangt wird, sich ihrer vollen gesellschaftlichen Verantwortung bewusst zu sein und nach besten Bestrebungen negative Wirkungen zu minimieren und sogar positive Wirkung auf Gesellschaft und Umwelt zu erreichen.
Kaufentscheidungen ändern sich auch bei Versicherungsprodukten
Keine Fondsgesellschaft und keine Versicherungsgesellschaft kann es sich mehr leisten, kein Nachhaltigkeitsangebot zu führen, denn eine aktuelle Studie von Heute und Morgen – AssCompact hat bereits darüber berichtet – zeigt, dass nicht nur immer Großinvestoren in Fonds investieren, sondern auch die Breite der Konsumenten das Thema Nachhaltigkeit für äußerst relevant im Entscheidungsprozess sieht. Bereits 60% der Konsumenten achten auch bei der Wahl von Versicherungs- und Finanzprodukten auf Nachhaltigkeit, bei unter 30-Jährigen sind es sogar 80%. Bei den nachhaltigen Produkten geht es hauptsächlich um die Veranlagung der Vermögenswerte der Versicherung, daher sind sich hier Finanz- und Versicherungswirtschaft sehr ähnlich. Versicherungsgesellschaften können jedoch noch viel mehr leisten, indem beispielsweise umweltschonendes Verhalten von Versicherungsnehmern mit günstigeren Prämien belohnt wird.
Wer vermutet, dass der Breite der Konsumenten eine simple Vermarktung von nachhaltigen Produkten ohne echte Produktinnovation reicht, um das Gewissen zu beruhigen und zum Kauf zu animieren, riskiert damit öffentlich aufgedeckt zu werden. Auf den sozialen Kanälen werden sämtliche Versuche von sog. Greenwashing, also der reinen Vermarktung als grünes Produkt, ohne echten positiven Einfluss, schonungslos öffentlich gemacht und das kann in regelrechten Shitstorms enden. Alleine fehlende Transparenz bei verbleibenden Schwachstellen des Produkts kann schon fatal sein. Beispielsweise hat ein koreanischer Kosmetikproduzent mit einer Papierverpackung seines Pflegeprodukts geworben, während unter der Papierhülle allerdings noch eine Plastikflasche war. Nach dem Onlineshitstorm hat sich das Unternehmen öffentlich dafür entschuldigt, obwohl tatsächlich 51% weniger Plastik als bei herkömmlichen Flaschen verwendet wurde. Hat die Öffentlichkeit einmal gerichtet, ist es schwer, die eigenen Bemühungen in das rechte Licht zu rücken. Darum – wer sich mit nachhaltigen Produkten positionieren möchte, muss auch transparent die Grenzen davon kommunizieren.
Nachhaltigkeit betrifft nicht nur den Umweltschutz
Im Alltagsgebrauch wird Nachhaltigkeit meist nur mit Maßnahmen zum Umweltschutz gleichgesetzt. Das ist zwar ein wichtiger Teil davon, aber die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen, zu denen sich 2015 alle 193 Mitgliedsstaaten bekannt haben, sind viel breiter formuliert. Ganz oben auf der Liste der Ziele, die man sich bis 2030 gesetzt hat, steht es, die weltweite Armut und den Hunger zu beenden. Gesundheit, Inklusion, Gleichstellung und Zugang zu Energie sind dabei genauso relevante Themen wie der Umweltschutz im Wasser und zu Lande, nachhaltige Produktion und Klimaschutz. Die Ziele des nachhaltigen und fairen Wirtschaftens ziehen sich gleich durch mehrere Zielkategorien und werden durch Ziele der Friedenssicherung, Zuverlässigkeit von Institutionen und internationale Zusammenarbeit abgerundet. Es liest sich grundsätzlich wie eine komplette Liste zur Erreichung der Ziele der Menschheit.
Die vollständige Erreichung dieser Ziele bis 2030 war von Anfang an sehr ambitioniert und ist am heutigen Fortschritt gemessen nicht mehr besonders realistisch. Es ist jedoch trotzdem notwendig und wird von immer mehr Konsumenten gefordert, dass Unternehmen ihren Beitrag hierzu leisten. Es scheint zwar nicht mehr möglich, diese Ziele bis 2030 zu erreichen, doch danach zu streben ist weiterhin wichtig.
Den gesamten Beitrag lesen Sie in der AssCompact August-Ausgabe
Titelbild: ©Arthon – stock.adobe.com
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