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RS: Amtshaftungsklage wegen unvertretbarer Gerichtsentscheidung

RS: Amtshaftungsklage wegen unvertretbarer Gerichtsentscheidung

10. August 2021

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5 Min. Lesezeit

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News-Recht & Wissen

Die zeitliche Einordnung des Versicherungsfalles in der Rechtsschutzversicherung beschäftigt den OGH sehr häufig. In einem aktuellen Fall ging es um die zeitliche Einordnung des Versicherungsfalles bei einem Amtshaftungsverfahren (OGH 7 Ob 11/21z, versdb 2021, 41). Die Entscheidung des OGH ist aber wohl verfehlt.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 10.08.2021

Ausgangsverfahren

Für das Ausgangsverfahren, in dem der VN sein ausstehendes Gehalt (seit 1. Jänner 2014) einklagte, bestand keine Rechtsschutzdeckung. Der Rechtsschutzversicherungsvertrag wurde erst am 23. Juli 2015 geschlossen. Aufgrund des Dauerverstoßes (Handlungen eines nicht befugten Vertreters des Arbeitgebers) ist Vorvertraglichkeit gegeben. In diesem Vorverfahren war die Frage, ob rechtmäßig ein Obmannwechsel stattgefunden hat und ob Ing. C***** oder sein Vorgänger vertretungsbefugt für den vom VN beklagten Verein ist, sowohl für die Beurteilung der Klagsforderung als auch für den Antrag des VN auf Erlassung eines Versäumungsurteils, weil der seiner Meinung nach rechtmäßige Obmann untätig geblieben sei, zentral. In diesem Ausgangsverfahren beantragte der VN in der (vorbereitenden) Tagsatzung am 21. Februar 2017 die Erlassung eines Versäumungsurteils mit der wesentlichen Begründung, die Beklagtenvertreter seien nicht vom rechtmäßigen organschaftlichen Vertreter des Vereins (K*****), sondern vom „illegal gewählten“ Ing. C***** bevollmächtigt worden, sodass der beklagte Verein nicht wirksam vertreten sei. Diesen Antrag wies das Landesgericht Klagenfurt mit Beschluss vom 4. Oktober 2017 ab. Das Oberlandesgericht Graz gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Klägers mit Beschluss vom 22. März 2018 zu 6 ***** keine Folge. Den Revisionsrekurs des VN wies der OGH zurück.

Folgeverfahren

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger Rechtsschutzdeckung für ein von ihm anzustrengendes Amtshaftungsverfahren gegen die Republik Österreich mit der wesentlichen Begründung, die Abweisung des Antrags auf Erlassung des Versäumungsurteils durch das Erstgericht und die bestätigende Entscheidung des Rekursgerichts im Ausgangsverfahren seien unvertretbar gewesen. Der Versicherungsfall sei die Rekursentscheidung aus dem Jahr 2018.

Entscheidung des OGH zur Rechtsschutzdeckung für das Amtshaftungsverfahren

Der Amtshaftungsanspruch stützt sich neuerlich nur auf genau diese Streitigkeit aus dem Ausgangsverfahren, wenn auch im Sinn des AHG. Diese Frage sei von den Gerichten unvertretbar gelöst worden. Mit der Amtshaftungsklage will der VN damit gleichsam nachträglich (wenn auch mit durch das AHG eingeschränktem Prüfungsumfang) Rechtsschutzdeckung für dieselbe Streitigkeit, für die wegen Vorvertraglichkeit keine Deckung besteht, erlangen. Der Verstoß (Obmannwechsel) wirkte erkennbar nach und löste damit nach der Lebenserfahrung auch weitere gerichtliche Verfahren aus. Insofern war er für die beabsichtigte Geltendmachung des Amtshaftungsanspruchs „adäquat kausal“, dh mitverantwortlich. Der vorvertragliche Streit war der Keim des Rechtskonflikts für das Ausgangsverfahren und das nun beabsichtigte Amtshaftungsverfahren. Wird also ein Amtshaftungsanspruch ausschließlich auf die Fehlbeurteilung von Streitigkeiten (Rechtsfrage) gestützt, für deren Durchsetzung wegen Vorvertraglichkeit keine Rechtsschutzdeckung besteht, so besteht auch für dessen beabsichtigte Geltendmachung kein Deckungsanspruch, weil der vorvertragliche Verstoß dafür mitverantwortlich und damit für das Amtshaftungsverfahren adäquat kausal ist.

Entscheidung wohl verfehlt

Die Entscheidung ist wohl verfehlt. Den Antrag des VN auf ein Versäumungsurteil im Ausgangsverfahren wies das Landesgericht am 4. Oktober 2017 ab. Dies ist mE der maßgebliche Verstoßzeitpunkt für dieses – dem Ausgangsverfahren (Verfahren gegen den Arbeitgeberverein des VN) folgende – Verfahren gegen die Republik Österreich. Handlungen des Obmanns des Vereins (Vorstoßzeitpunkt im Ausgangsverfahren) können im Folgeverfahren unter Umständen lediglich als Willenserklärung oder Rechtshandlung vor Vertragsabschluss eingestuft werden. Auszug aus dem Muster-ARB 2015: „Löst eine Willenserklärung oder Rechtshandlung des Versicherungsnehmers, des Gegners oder eines Dritten, die vor Versicherungsbeginn vorgenommen wurde, den Versicherungsfall gem. Artikel 2.3. aus, besteht kein Versicherungsschutz.“ Dieser Risikoausschluss (Willenserklärungen und Rechtshandlungen vor Vertragsabschluss) ist allerdings zumindest nach Ansicht des BGH intransparent (BGH IV ZR 200/16).

Von Ewald Maitz, MLS – www.knowhow-versicherung.at

versdb – Datenbank: www.versdb.at

versdb – Zeitschrift: www.versdb.at/print

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