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Podiumsdiskussion: Wie lassen sich komplexe Risiken langfristig absichern?

Podiumsdiskussion: Wie lassen sich komplexe Risiken langfristig absichern?

04. März 2025

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7 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Im Rahmen des AssCompact Gewerbeversicherungssymposiums am 27. Februar 2025 fand auch eine Podiumsdiskussion, moderiert von Franz Waghubinger (Herausgeber AssCompact Österreich), statt. Elisabeth Bicik (SALUS Bicik & Struggl Insurance Brokers GmbH), Josef Brindlinger (IGV Austria), DI René Forsthuber (AXA XL), KommR Gerhard Heine (WIENER STÄDTISCHE Versicherung AG), DI Martin Schörkhuber (Sterkl Schörkhuber & Partner) und Dr. Christoph Zauner (Generali Versicherung AG) diskutierten, wie komplexe Risiken langfristig absicherbar bleiben und welche Strategien Versicherer und Vermittler angesichts neuer Herausforderungen verfolgen sollten.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 04.03.2025

Spannungsfeld zwischen Standardisierung und individuellen Lösungen

Den Auftakt machte Elisabeth Bicik, die auf die zunehmende Komplexität in der Gewerbeversicherung einging. Während sich Geschäftsmodelle und Bauweisen stetig weiterentwickeln, versuchten Versicherer, ihre Prozesse stärker zu standardisieren – eine Entwicklung, die in der Praxis nicht immer funktioniere. „Unsere Herausforderungen sind im Moment sicher, dass der Wunsch der Versicherer nach schneller und konformer Abwicklung nicht mit dem täglichen Leben kompatibel ist. Wir erleben jeden Tag neue Branchen, neue Geschäftsmodelle, neue Gebäude mit völlig neuen Anforderungen. Gleichzeitig fehlen uns die notwendigen Tarife, personelle Ressourcen und in vielen Fällen muss ein Sachverständiger hinzugezogen werden. Die Schere zwischen Standardisierung und individueller Risikobewertung geht immer weiter auseinander.“

Kapazitätsprobleme und globale Entscheidungsstrukturen

Josef Brindlinger lenkte den Blick auf ein weiteres drängendes Problem: den Rückzug großer Versicherer und dessen Auswirkungen auf den Markt. Laut ihm sind individuelle Versicherungslösungen zunehmend schwerer umsetzbar, weil die verfügbaren Kapazitäten schrumpfen. „Das Hauptproblem ist, dass uns auf Versichererseite die Kapazitäten abhandenkommen, wenn sich große Player aus dem Markt zurückziehen. Das erschwert individuelle Lösungen und führt dazu, dass für viele Risiken schlicht kein Anbieter mehr zu finden ist.“

Auch KommR Gerhard Heine bestätigte, dass diese Entwicklungen den Spielraum der Versicherer immer weiter einschränken. „Teilweise wird nicht mehr in Österreich entschieden, ob ein Risiko weiterhin gezeichnet wird. Internationale Vorgaben können dazu führen, dass ganze Branchen – etwa die Holzverarbeitung – pauschal ausgeschlossen werden, ohne dass eine Einzelfallprüfung möglich ist.“ Er hob außerdem hervor, dass sich die Bedingungen für Unternehmen verändert haben: „Wir müssen heute mit Selbstbehalten und Jahreshöchstentschädigungen operieren, die Unternehmen in dieser Höhe nicht gewohnt sind. Selbstbehalte von 500.000 oder einer Million Euro sind im Feuer- und Industriebereich mittlerweile Alltag. Gleichzeitig können sich Erstversicherer selbst nicht langfristig binden, da Rückversicherungsverträge nur mehr auf Jahresbasis geschlossen werden.“

Risikodialoge als Grundlage für fundierte Entscheidungen

Ein wichtiger Punkt der Diskussion war die Frage, wie Versicherbarkeit auch unter diesen erschwerten Bedingungen sichergestellt werden kann. DI René Forsthuber machte deutlich, dass hier vor allem eine präzisere Kenntnis der individuellen Risikosituation notwendig sei. „Wir brauchen ein besseres Verständnis für die individuellen Risiken unserer Kunden. Oft liegen uns lediglich allgemeine Informationen zur Branche, zur Versicherungssumme und ein Schadenssatz vor. Das ist zu wenig. Dadurch geraten insbesondere exponiertere Branchen, wie die Holzverarbeitung, schnell ins Hintertreffen.“

Fürsthuber unterstrich zudem, dass eine qualitativ hochwertige Risikobewertung eine zentrale Voraussetzung für langfristige Versicherbarkeit ist. „Als technischer Versicherer sehen wir die Risikoqualität als wesentlichen Faktor der Beurteilung. Sind diese nicht vorhanden, müssen Risiken konservativ eingestuft werden – zum Nachteil vieler Unternehmen und deren Makler.“ Er betonte, dass Unternehmen, Makler und Versicherer enger zusammenarbeiten müssen, um Risiken besser zu analysieren und gezielte Maßnahmen zur Schadenprävention zu entwickeln. „Es muss ein gemeinsamer Weg zwischen Unternehmen, Maklern und Versicherungen abgestimmt werden, um die Risiken besser kennenzulernen. Auf dieser Basis können Lösungen zur Schadenprävention erarbeitet werden, die für die Einschätzung des Risikoappetits der Versicherungen erforderlich und notwendig sind. Das braucht Zeit und entsprechendes Know-how.“

Risikobewusstsein und Prävention als Schlüssel zur Stabilität

Auch Dr. Christoph Zauner stellte klar, dass Prävention eine zentrale Rolle in der Risikominimierung spielt. „Kunden müssen verstehen, dass sie durch kleinere organisatorische Maßnahmen ihr Risiko minimieren können. Ein Schaden, den ich vermeiden kann, ist eine gewonnene Sache – vor allem, weil es Schäden gibt, die nicht ersetzbar sind, wie das Leben oder die Gesundheit.“

Laut Zauner sei es entscheidend, dass alle Beteiligten – Versicherer, Makler und Unternehmen – ein gemeinsames Risikoverständnis entwickeln. Nur so könnten langfristig tragfähige Lösungen entstehen, die sowohl wirtschaftlich als auch versicherungstechnisch sinnvoll seien.

Von der Prämienfrage zur Risikoanalyse

DI Martin Schörkhuber richtete den Fokus auf eine weitere Entwicklung: Während früher die Prämienhöhe oft ausschlaggebend für eine Versicherbarkeit war, rücke heute die individuelle Risikobewertung in den Vordergrund. „Es ist mittlerweile keine Prämiendiskussion mehr. Es geht um das Risiko selbst, um die Branche und darum, wie viel davon ein Versicherer bereits in seinem Portfolio hat. Wenn ein Versicherer 20 bis 25 Prozent seines Geschäfts auf eine einzelne Branche konzentriert, kann das auf Dauer nicht gutgehen.“

Die gesamte Podiumsdiskussion lesen Sie in der Nachlese des AssCompact Gewebeversicherungssymposiums 2025!

ONLINE Gewerbesymposium von 18. bis 20. März 2025

Zusätzlich bietet AssCompact das Gewerbeversicherungssymposium digital an. Aufgeteilt auf den 18., 19. und 20. März jeweils ab 11 Uhr können Sie alle Vorträge über AssCompact Live TV sehen – mit anschließenden Wissenstests zur Erlangung der IDD-Weiterbildungsstunden.

Für Vermittler und Sponsor-Partner des AssCompact Gewerbeversicherungssymposiums gilt der reduzierte Preis in Höhe von EUR 195,- zzgl. MwSt. Wenn Sie kein Vermittler oder Sponsor-Partner des AssCompact Gewerbeversicherungssymposiums sind gilt der Normalpreis in Höhe EUR 390,- zzgl. MwSt.

Hier geht’s zur Anmeldung des ONLINE Gewerbesymposiums 2025 …

Hier geht’s um Programm des ONLINE Gewerbesymposiums 2025 …

Foto oben v.l.n.r.: Josef Brindlinger (IGV Austria), Elisabeth Bicik (SALUS Bicik & Struggl Insurance Brokers GmbH), Christoph Zauner (Generali Versicherung AG), DI René Forsthuber (AXA XL), KommR Gerhard Heine (WIENER STÄDTISCHE Versicherung AG), DI Martin Schörkhuber (Sterkl Schörkhuber & Partner), und Franz Waghubinger (Herausgeber AssCompact Österreich)

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