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Rechtsschutz: Wenn die Lehrerin zur „Arbeitgeberin“ wird

Rechtsschutz: Wenn die Lehrerin zur „Arbeitgeberin“ wird

22. November 2016

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4 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

Eine Lehrerin wird vom Magistrat dafür bestraft, dass sie ihre Schüler als Arbeitskräfte an einen Veranstalter vermittelt hat, ohne diese bei der Sozialversicherung anzumelden. Die große Streitfrage mit dem Rechtsschutzversicherer: Wurde die Lehrerin als Arbeitgeberin tätig und erhält darum keine Deckung?

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 22.11.2016

Der Fall dreht sich um eine Lehrerin, die an einer Schule für Wirtschaft und Mode die Fächer Küche-Service, Catering-Management, Ernährungslehre und Sommelier unterrichtet. Dort ist es üblich, dass Schüler auf Anfrage für Restaurantbetreiber und Veranstalter arbeiten, um Praxiserfahrung zu sammeln. Die Pädagogin ist dafür zuständig, den Kontakt zwischen Schülern und Unternehmen herzustellen. Die Unternehmer müssen die Schüler bei der Sozialversicherung anmelden, worauf sie seitens der Schule auch hingewiesen werden.

Ein Veranstalter tat das allerdings nicht – und brachte die Lehrerin damit in eine prekäre Lage. Bei dem Event arbeiteten nämlich 34 Schüler in Küche und Service, wobei sie zehn Euro pro Stunde verdienten, ohne dafür beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet zu sein. Das Magistrat verhängte daher über die Lehrerin eine Geldstrafe von rund 40.000 Euro plus 4.000 Euro Verfahrenskosten.

Lehrerin nicht als Arbeitgeberin tätig

Die Lehrerin erhob daraufhin erfolgreich Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht. Dieses stellte fest, dass sie keinesfalls als Arbeitgeberin tätig geworden sei - schon allein deshalb, weil sie mit Wissen des Direktors Schüler angeworben habe, gemeinsam mit diesen die Speisen für die besagte Veranstaltung im Unterricht vorbereitet und vor Ort die Organisation übernommen habe. Sie und ihre Kollegen hätten ihre Freizeit unentgeltlich verwendet, um den Schülern eine praxisnahe Tätigkeit bei einem renommierten Unternehmen zu ermöglichen. 

Für das Verfahren brachte die Lehrerin nun eine Schadenmeldung bei ihrem Rechtsschutzversicherer ein, der die Deckung jedoch ablehnte. Grund: Der betroffene Rechtsschutzbereich, nämlich (Verwaltungs-)Straf-Rechtsschutz im Betriebsbereich, sei im Vertrag nicht enthalten.

Rechtsschutz für Privat und Beruf

Tatsächlich inkludiert der Vertrag Straf-Rechtsschutz für den Privat- und Berufsbereich, nicht aber für den Betriebsbereich. Versichert sind laut Art. 20 der ARB 2010 demnach unselbstständig Erwerbstätige für Versicherungsfälle, die mit der Berufsausübung unmittelbar zusammenhängen. Ausgenommen sind Fälle in Verbindung mit einer hauptberuflich selbständigen oder freiberuflichen Tätigkeit.

Das Problem ging daraufhin zur Rechtsservice- und Schlichtungsstelle im Fachverband der Versicherungsmakler (RSS). Die Antragstellerin argumentierte, sie sei in ihrer Eigenschaft als Lehrerin tätig geworden und niemals als Selbstständige. Der Rechtsschutzversicherer nahm nicht am Schlichtungsverfahren teil.

Unterrichts- und Erziehungsarbeit geleistet

Die RSS kam zu einer völlig anderen Auffassung als der Versicherer. Der Rechtsschutzfall falle nämlich keineswegs in den Betriebsbereich. Vielmehr habe die Pädagogin eine Unterrichts- und Erziehungsarbeit ausgeübt und sei damit im Bereich der Hoheitsverwaltung und als Organ des Bundes tätig geworden. „Es kann daher keine Rede davon sein, dass sie bei dieser Tätigkeit als Arbeitgeberin und somit im Betriebsbereich tätig gewesen sei, wie die Antragsgegnerin argumentiert.“

Schadenfall hängt unmittelbar mit Beruf zusammen

Der laut Versicherungsbedingungen (Art 20 Pkt. 1.2) geforderte unmittelbare Zusammenhang des Schadenfalls mit der Berufsausübung sei allein schon dadurch gegeben, dass die Kundin rein aus ihrer Funktion als verantwortliche Lehrerin heraus in die Situation gekommen ist, sich wegen eines behaupteten Verstoßes gegen Verwaltungsvorschriften verantworten zu müssen. Eine betriebliche Tätigkeit habe hingegen nie bestanden, weshalb der Sachverhalt auch überhaupt nicht im Betriebsbereich versicherbar wäre. „Die berechtigte Deckungserwartung eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers kann auch aus diesem Grund nur so verstanden werden, dass ein derartiger Sachverhalt in den Berufsbereich fällt.“ Daher war die Deckung zu empfehlen.

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