Dank ihrer Vertriebsstärke wehrt die klassische Versicherungsindustrie bislang erfolgreich neue Player ab. Wie sich Versicherer an der Kundenschnittstelle weiterhin behaupten können und welche Angreifer der Branche wirklich gefährlich werden könnten, zeigt ein Kommentar der Managementberatung EY INNOVALUE.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 15.02.2019
Noch können die traditionellen Marktteilnehmer von ihren über Jahrzehnte aufgebauten Beziehungen zu ihren Kunden und einer hohen Vertriebskraft profitieren. Ein hohes Gut ist zudem das Vertrauen, das Kunden in Vermittler setzen. Dass sich Versicherer auf dieser Position nicht ausruhen dürfen, davor warnt Julia Palte, Partner der Insurance Practice bei EY INNOVALUE.
Digital und persönlich im Vertrieb verzahnen
Um angesichts eines sich weiter wandelnden Kundenverhaltens weiterhin Erfolg zu haben, gehe es beim künftigen Vertriebsmodell der klassischen Versicherungsindustrie nicht um den Gegensatz zwischen persönlich und digital. Es zähle stattdessen die sinnvolle Verzahnung von persönlich und digital im Sinne des Kunden, wie Palte unterstreicht. Ausschlaggebend sei es, die personellen Vertriebswege digital mit entsprechenden Werkzeugen zu unterstützen. Versicherer besitzen große Datenmengen, die es mit Hilfe von Data Analytics zu verwerten gilt, um zusätzliche Vertriebschancen zu eröffnen, weitere Kundengruppen anzusprechen oder auch gezielter zu beraten.
Start-ups suchen nach neuen Wegen
Etliche Start-ups sind in den vergangenen Jahren neu den Markt gekommen mit digitalen Geschäftsmodellen, kämpfen aber mit den hohen Kundenakquisitionskosten. Inzwischen wurden die Geschäftsmodelle weiterentwickelt und Kooperationen mit anderen Marktteilnehmern eingegangen, um die Kunden zu erreichen. Viele Insurtechs wollen den Kundennutzen stärker in den Fokus rücken als klassische Player und starten teils durchaus innovative Produkte. Dabei handle es sich aber oftmals um stark situative Produkte innerhalb bestimmter Nischen. Etwas Disruptives an den InsurTechs erkennt die Kommentatorin heute aber noch nicht.
Die größten Konkurrenten an der Kundenschnittstelle
Welche Angreifer könnten der klassischen Versicherungsindustrie an der Kundenschnittstelle wirklich gefährlich werden? Der chinesische Versicherer Ping An habe sich vom Versicherer mit einem starken personellen Vertrieb zu einem technologie- und datenbasierten Unternehmen weiterentwickelt, das seit Jahren konsequent den Ökosystemansatz verfolge, von anderen Anbietern lerne und zunehmend auch Nicht-Versicherungsteile aktiv besetze. Der Konzern beschäftigt beispielsweise 1.000 Ärzte, mit deren Diagnosen systematisch KI-Systeme trainiert werden. Auch in Sachen Datennutzung setzt Ping An neue Maßstäbe. So verfügt das Unternehmen über Daten von mehr als 800 Mio. Menschen, die mit modernster Technologien ausgewertet und genutzt werden.
Datengiganten werden nicht passiv bleiben
Mit massiven Veränderungen der Vertriebslandschaft sei in unseren Breiten in den nächsten fünf Jahren nicht zu rechnen, so Palte. Noch würden die Eigenheiten des nationalen Marktes und der gute Kundenzugang die Versicherer schützen. Die Geschäftsmodelle von Amazon, Google oder Ping An aus China werden aber auf absehbare Zeit nicht passiv bleiben. Daher gelte es für die Versicherer, ihre derzeitigen Vorteile an der Kundenschnittstelle nicht leichtfertig zu verspielen, sondern diese systematisch auszubauen.
Quelle: AssCompact Deutschland; bearbeitet durch Redaktion Österreich
zurück zur Übersicht
Beitrag speichern
sharing is caring
Das könnte Sie auch interessieren