Die wesentlichen Leistungen eines Versicherungsvertrages werden in den Bedingungen und Klauseln niedergeschrieben. Doch warum führt dieses Kleingedruckte vielfach zu Problemen im Versicherungsfall?
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 17.08.2021
Selbst das Bedingungswerk einer „einfachen“ Haushaltsversicherung kann schon mal 30 Seiten und mehr haben. Bei einer Betriebshaftpflichtversicherung kann es dann schon richtig unübersichtlich werden. Dazu kommt, dass es meist nicht nur ein einheitliches Bedingungswerk zu einer Polizze gibt, sondern eine oft unübersichtliche Vielzahl von Bedingungen, Klauseln, Sidelettern, individuellen Vereinbarungen, ...
Das sind die Herausforderungen:
Was ist gemeint?
Die Versicherungsbedingungen müssen abstrakt formuliert sein – jeder Schadenfall ist aber individuell. Jetzt muss man versuchen, einen Schadenfall im Deckungsumfang unterzubringen. Das wird schwierig, wenn z.B. bei einer Privathaftpflichtversicherung die „Gefahr des täglichen Lebens“ mitversichert ist, oder in der Unfallversicherung ein „plötzlich von außen wirkendes Ereignis“ gedeckt ist. Die abstrakte Formulierung wird man nicht wegbringen. Es ist aber für einen Versicherungsmakler möglich, aufgrund der Erfahrungen bei Schadenfällen oder auch aufgrund der OGH Judikatur die Formulierungen mit dem Versicherer nachzuschärfen oder Beispiele und Klarstellungen zu vereinbaren. Im Schadenfall lohnt es sich, die Urteile zum konkreten Themengebiet zu studieren. Oft ist man dann überrascht, wie der OGH entschieden hat und man hat plötzlich Deckung.
Hierarchie und Klauselpakete
Gerade bei Polizzen mit vielen unterschiedlichen Klauseln ist es oft mühsam, die Passage zu finden, wo ein Ausschluss der Allgemeinem Bedingungen wieder aufgehoben wird. Oft geht das aus einer Klauselüberschrift auf den ersten Blick auch gar nicht hervor, dass ein bestimmter Ausschluss aufgehoben wird. Im Schadenfall sollte man bei der Suche in den Bedingungen offen und kreativ agieren. Im Vorfeld sollte man sich die Eigenschaft aneignen, strukturiert in unübersichtlichen Bedingungen nach Inhalten zu suchen und diese dann auch zu finden.
Da gibts ja noch was
Lehnt der Versicherer etwa bei einem Achillessehnenriss beim Fußballzweikampf die Deckung ab, weil kein „plötzliches Abweichen vom geplanten Bewegungsablauf“ vorliegt, sollte man berücksichtigen, dass es ja noch den klassischen Unfallbegriff gibt (plötzlich von außen wirkendes Ereignis). Bezieht sich der Versicherer also auf die Deckungsbeschreibung, die keinen Versicherungsschutz vorsieht, sollte man prüfen, ob es andere Deckungsbeschreibungen gibt, wo man Versicherungsschutz bekommt. Das ist nicht immer ganz einfach. Auch hier sollte man kreativ sein.
Was ist zulässig?
Letztlich sollte man auch prüfen, ob der Versicherer Leistungsausschlüsse in den Bedingungen auch tatsächlich einwenden darf. Es gibt da einerseits zahlreiche Urteile des OGH zu Klauseln, die nicht in Ordnung sind (z.B. fixe Nachmeldefrist in der Rechtsschutzversicherung, genereller Herzinfarktausschluss in der Unfallversicherung). Gibt es zu einem Thema noch kein Urteil, solle man sich anhand des eigenen Hausverstandes überlegen, ob einem ein Ausschluss ungewöhnlich oder grob nachteilig für den Versicherungsnehmer erscheint. Dann kann man versuchen, die Unzulässigkeit der Klausel einzuwenden.
Wichtig ist wohl für diese Themenbereiche strukturiert vorzugehen. Aufgrund der Vielzahl von Klauseltexten und Urteilen wird man andernfalls oft wichtige Punkte übersehen, weil jeder Schadenfall eben einzigartig ist.
Ewald Maitz referiert bei den AssCompact Beratertagen 2021
Ewald Maitz referiert auch bei den AssCompact Beratertagen am 19., 24. und 26. August sowie am 01. September zum Thema „Die Schadenablehnung, die Kündigung und das Kleingedruckte“.
Hier geht’s zur Anmeldung und zum detaillierten Programmüberblick …
Autor: Ewald Maitz, MLS (Foto) – www.knowhow-versicherung.at
versdb – Datenbank: www.versdb.at
versdb – Zeitschrift: www.versdb.at/print
Titelbild: ©Tiko – stock.adobe.com
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