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Weiteres Urteil zu COVID-19-Deckung bei einer Seuchen-BU

Weiteres Urteil zu COVID-19-Deckung bei einer Seuchen-BU

08. Juli 2021

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5 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

Ein weiteres aktuelles Urteil des OGH bestätigt die Leistungsfreiheit der Seuchen-BU bei einem Betretungsverbot (OGH 7 Ob 88/21y, versdb 2021, 38). Thema der Entscheidung war auch ein Absonderungsbescheid gegenüber drei MitarbeiterInnen des versicherten Betriebes.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 08.07.2021

Die Klägerin betreibt in Niederösterreich einen Beherbergungsbetrieb. Sie schloss bei der Beklagten einen Betriebsbündelversicherungsvertrag mit dem Versicherungsbeginn 1. 10. 2018 ab; dabei wurde das Risiko der „Betriebsschließung infolge Seuchengefahr aufgrund des Epidemiegesetzes“ mitversichert.

Die Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung gegen die Folgen einer Betriebsschließung infolge Seuchengefahr (Betrieb & Planen – Fassung 10/2011) – F 472 lauten auszugsweise:

„Deckungsumfang

Was ist versichert ? – Art 1

1. Der Versicherer gewährt Versicherungsschutz für den Fall, dass aufgrund des Epidemiegesetzes (BGBl 186/1950) in der letztgültigen Fassung,

1.1 der im Antrag bezeichnete Betrieb von der zuständigen Behörde zur Verhinderung der Verbreitung von Seuchen geschlossen wird,

1.2 [...]

1.3 in diesem Betrieb beschäftigte Personen ihre Tätigkeit wegen Erkrankung an Seuchen, entsprechenden Krankheits- oder Ansteckungsverdachts oder als Ausscheider/Ausscheidungsverdächtiger von Erregern von Enteritis infectiosa, Paratyphus A und B, übertragbarer Ruhr und Typhus abdominalis untersagt wird.

[...]“

Kraft diverser Verordnungen des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, die aufgrund des COVID-19-Maßnahmengesetz erlassen worden waren, war der Betrieb der Klägerin vom 16. 3. 2020 bis 29. 5. 2020 geschlossen (Betretungsverbot). Am 8. 4. 2020 erließ die BH Bruck an der Leitha gegenüber drei MitarbeiterInnen der Klägerin Absonderungsbescheide auf der Grundlage der §§ 1, 6, 7 und 43 Abs 4 EpiG, und zwar wegen des Auftretens von COVID-19 (eine Person) und wegen des hohen Infektionsrisikos (zwei Personen). Der letzte dieser Bescheide trat mit 9. 5. 2020 außer Kraft.

Entscheidung des OGH

Ein nach §§ 1 und 2 COVID-19-Maßnahmengesetz angeordnetes Betretungsverbot ist schon begrifflich etwas anderes als eine (nach den Versicherungsbedingungen erforderliche) Betriebsschließung nach dem EpiG. Eine Schließung des Betriebs nach den Bedingungen F 472 muss zu einem gänzlichen Betriebsstillstand führen, während bei einem Betretungsverbot dem Wortlaut nach grundsätzlich kein solcher Betriebsstillstand eintritt, weil weiterhin die teilweise Aufrechterhaltung des Betriebs möglich ist (zB durch Online-Bestellungen; Abholungen; Zustellungen, Beherbergung von Geschäftsreisenden). Schon ausgehend vom Wortlaut besteht daher ein erheblicher Unterschied zwischen einem Betretungsverbot und einer Betriebsschließung. Darauf, ob sich ein Betretungsverbot für einzelne Betriebe von Versicherungsnehmern faktisch wie eine Betriebsschließung auswirkt, kommt es bei der Auslegung der vereinbarten Bedingungslage (vereinbartes Risiko) hingegen nicht an.

Eine Betriebsschließung ist qualitativ ein anderes Risiko als ein Betretungsverbot, sodass es unerheblich ist, in welchen Gesetzen es angeordnet wird, weil nach den Bedingungen F 472 nur Betriebsschließungen gedeckt sind.

Das Risiko einer bloß faktisch als Nebenwirkung eingetretenen Betriebsschließung aufgrund des hier angeordneten Betretungsverbots nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz ist von Art 1.1.1 der Bedingungen nicht gedeckt. Im vorliegenden Fall bestand nach den Behauptungen der Klägerin für ihren Hotelbetrieb nach den auf Grundlage von § 2 Abs 1 COVID-19-Maßnahmengesetz erlassenen Verordnungen ein Betretungsverbot. Der Klägerin steht während dieses angeordneten Betretungsverbots keine Versicherungsleistung zu. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass am 8. 4. 2020 an drei Mitarbeiter der Klägerin Absonderungsbescheide ergingen, wobei der letzte mit 9. 5. 2020 außer Kraft trat. Die Absonderung einzelner Mitarbeiter, auch wenn sie auf dem EpiG gründet, stellt ebenfalls schon begrifflich keine für die Deckungspflicht vorausgesetzte behördlich angeordnete Schließung des Betriebs dar.

Autor: Ewald Maitz, MLS (Foto) – www.knowhow-versicherung.at

versdb – Datenbank: www.versdb.at

versdb – Zeitschrift: www.versdb.at/print

Titelbild: © lev dolgachov – stock.adobe.com

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