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Zinsen bei Rücktritt von der Lebensversicherung

(Bild: ©wetzkaz - stock.adobe.com)

Zinsen bei Rücktritt von der Lebensversicherung

21. August 2024

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4 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Das Thema ist eigentlich seit Jahren ausjudiziert. Natürlich ist es für die Versicherungsnehmer (VN) ärgerlich, wenn sie beim Rücktritt von einer unter Umständen vor Jahrzehnten abgeschlossenen Lebensversicherung Zinsen nur für drei Jahre bekommen. Der OGH hat in 7 Ob 67/24i vom 22.5.2024 aber gezeigt, dass er nicht die Absicht hat, seine Meinung zu ändern.

Artikel von:

Dr. Wolfgang Reisinger

Dr. Wolfgang Reisinger

Lektor WU Wien und der Donau-Universität Krems

Der VN schloss 1997 eine Fondsgebundene Lebensversicherung ab, die er 2013 kündigte. Im Jahr 2018 trat der VN wegen fehlender Belehrung über sein Rücktrittsrecht vom Vertrag zurück. Dieser Rücktritt wurde von den Gerichten als wirksam beurteilt. Das Begehren auf Zahlung von Vergütungszinsen für den Zeitraum 1997 bis 2013 wurde vom OGH zu 7 Ob 150/20i zurückgewiesen. Der VN begehrt erneut die Zahlung der Vergütungszinsen für den genannten Zeitraum. Die AVB des Versicherers würden mehrere intransparente und missbräuchliche Klauseln zur Fondsveranlagung enthalten. Der Rücktritt vom Lebensversicherungsvertrag einerseits und die Anfechtung des Vertrages wegen intransparenter und missbräuchlicher Klauseln andererseits erfolge vor dem Hintergrund unterschiedlicher Regelungsregimes. Im Anwendungsbereich der Klauselrichtlinie sei eine kenntnisunabhängige Verjährung von Vergütungszinsen unionsrechtlich ausgeschlossen. Die Unterinstanzen wiesen das Begehren des VN ab, der OGH verneinte überhaupt die Möglichkeit eines neuerlichen Prozesses.

Entscheidungsgründe

Die Urteile der Vorinstanzen sowie das diesen vorangegangene Verfahren werden als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen. Nach § 411 Abs. 2 ZPO ist die Rechtskraft eines Urteiles von Amts wegen zu berücksichtigen. Die Einmaligkeitswirkung der materiellen Rechtskraft setzt die Identität des Anspruches der Parteien und des rechtserzeugenden Sachverhaltes voraus. Dies schließt die neuerliche Anhängigmachung desselben Begehrens, dass auf den selben rechtserzeugenden Sachverhalt gestützt ist, aus. Das neue Vorbringen des Klägers und seine neue rechtliche Beurteilung, die behauptete Intransparenz oder Missbräuchlichkeit einiger Vertragsklauseln hätte zur Nichtigkeit des Vertrages und zu einem doch nicht verjährten Anspruch der Zahlung von Vergütungszinsen geführt, steht im Zusammenhang mit dem Prozessstoff des Vorprozesses und ist präkludiert.

Kommentar

Die Euphorie der Konsumentenschützer entzündete sich an der Entscheidung EuGH C-209/12 (Endress) vom 19.12.2013, wonach eine fehlerhafte Belehrung über das Rücktrittsrecht zu einem unbefristeten Rücktrittsrecht des VN führt. Da weitere Fragen offen blieben (zB auch über die Verzugszinsen), gab es bis etwa zum Jahr 2020 zahlreiche Prozesse, in denen der OGH auch feststellte, dass idR die Vergütungszinsen wegen ungerechtfertigter Bereicherung auf drei Jahre beschränkt sind, was einen Rücktritt natürlich deutlich unattraktiver machte. Beim neuen „Versuchsballon“ handelt sich um einen typischen Fall der res judicata, sodass die Klage bereits von der ersten Instanz hätte zurückgewiesen werden müssen. Über den Einzelfall hinaus bedeutsam ist die Ansicht des OGH, dass die Rechtskraft auch die neuerliche Geltendmachung eines Anspruches hindert, soweit diese auf Änderungen der Rechtslage nach diesem Zeitpunkt gestützt wird. Die Änderung der Rechtslage kann einen neuen Anspruch gewähren, aber niemals den vor ihrer Wirksamkeit liegenden Zeitabschnitt erfassen. Auch die bloße Änderung der Rechtsauffassung in Lehre und Rechtsprechung ist von der Rechtskraft umfasst und stellt ebenfalls keinen Wiederaufnahmegrund dar.

Den Beitrag lesen Sie in der AssCompact September-Ausgabe!

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