Ein Sachverständiger kann jeder sein, der eine gewisse Fachkenntnis in einem Bereich nachweisen kann. Was macht es aber so schwer, ein guter Sachverständiger zu sein? Dr. Peter Winkler, geschäftsführender Gesellschafter faircheck Schadenservice GmbH, weiß, was die Spreu vom Weizen unterscheidet.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 06.11.2017
Fortbildung
„Fortbildung ist eines der wesentlichen Kriterien eines Sachverständigen“, so Winkler. „Jeder, der glaubt, er kennt alle Fachgebiete aus seinem Bereich und diese verändern sich nicht, ist heute auf dem falschen Dampfer.“
Zuhören und Neugierde zeigen
Zur Fachkenntnis kommen persönliche Faktoren wie das aktive Zuhören. „Es gibt nichts Schlimmeres als einen Sachverständigen, der zu einem Lokalaugenschein kommt und dort allwissend auftritt, ohne die Parteien oder Auftraggeber zu hören.“ Anstatt sofort mit Phrasen wie „Das weiß ich…“ oder „Das habe ich schon gesehen…“ aufzutreten, sollte man sich eher ein Beispiel an Inspektor Columbo nehmen: „Neugierig bleiben und mit einem Satz wie ‚...und eine Frage habe ich noch‘ nachhaken!“
Nicht alles glauben, was man erzählt bekommt
Es gebe immer wieder Sachverständige, die eine Geschichte von Person X erzählt bekommen, diese eins zu eins übernehmen und damit zum Postboten der Angelegenheit werden. Stattdessen müsse im Gutachten explizit auf die fachliche Expertise hingewiesen werden. „Es ist keinem Auftraggeber geholfen, wenn lediglich Feststellungen übernommen werden und keine fachlichen Aussagen über die erhaltenen Beweise oder Beweismittel getroffen werden.“
Gute Organisation
Besonders für „Einzelkämpfer“ sei es laut Winkler schwierig, sich gut zu organisieren. „Es gilt Auftraggeber zu finden, die eine entsprechende Auslastung garantieren bzw. ermöglichen. Man muss diese Aufträge auch umsetzen, indem man Termine vereinbart, eine Routenplanung macht und eine entsprechende Termin- und Routenplanung so koordiniert, dass man effizient sein kann und trotzdem zu jedem Termin pünktlich erscheint.“
Viele Sachverständige, aber wenig aktive
Insgesamt sei es schwierig, ausreichend gute Sachverständige zu finden. „Die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen ist lang. Wenn man sich aber die wirklich aktiven Sachverständigen aus dieser Liste herausnimmt, ist sie relativ kurz.“ Denn ohne Erfahrung im Erstellen von Gutachten könne selbst das beste Fachwissen nicht effizient vermittelt werden. Aufwendiger als eine Zertifizierung bei Gericht ist jene der Europäischen Union, die zur EU-weiten Sachverständigentätigkeit befugt. Dieser fehlt die Beeidigung bei Gericht, die aber nachgeholt werden kann.
„Sachverständigenakademie“ wäre sinnvoll
In Österreich mangle es an Anerkennung und Ausbildungsmöglichkeiten für Sachverständige, die weder allgemein beeidet und gerichtlich zertifiziert noch EU-zertifiziert sind. Wenn diese eine entsprechende Berufserfahrung und Ausbildung haben, das nötige Know-how an den Tag legen und sich stetig weiterbilden, „sind sie genauso wertvoll im Dokumentieren von notwendigen Gutachten“. Daher hält es Winkler für sinnvoll, „eine echte Sachverständigenakademie ins Leben zu rufen.“
Der gesamte Artikel erscheint in der AssCompact November-Ausgabe.
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