Mit der„Geiz ist geil“-Mentalität vieler Kunden kann Martin Wienerroither nichts anfangen. Existenzielle Risiken seien das, worum es wirklich geht. Warum Best Advice für ihn nichts mit der Absicherung jeglicher Kleinigkeiten zu tun hat, erklärt der Versicherungsmakler aus Schwechat im Interview mit AssCompact.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 23.06.2017
Ein Kunde fordert einige Monate nach seinem Unfall eine Leistung aus seiner Haushaltsversicherung. Der Versuch, ihm zu erklären, dies sei in diesem Tarif nicht gedeckt, bleibt ohne Erfolg. Drei Wochen später kommt ein Brief des Rechtsanwalts: Eine Unfallversicherung gehöre heute zum Standing eines jeden im Leben stehenden Menschen, weil es ein existenziell gefährdendes Risiko sei. Ein Makler sei verpflichtet, einem Kunden diese anzubieten. Nun sollte Martin Wienerroither 10.000 Euro bezahlen. Sein Glück: Er führt von Anfang an Protokolle – „interne Notizen, die der Kunde per Mail bekommt“.
„Ein bisschen was muss doch gehen“
„Begehrens-Neurotik“ nennt Wienerroither dieses Phänomen, das massiv zugenommen habe. Für ihn sei es „erschreckend“, wenn ein Kunde, nachdem er ein Offert bekommen hat, sagt, da müsse doch noch ein bisschen was gehen. „Das nervt und das war früher nicht so.“ Schuld daran seien auch Werbe-Sätze wie „Geiz ist geil“ oder „Vergleich dich reich“, die dem Konsumenten einbläuen, es müsse immer noch billiger gehen.
„Wer im Erstgespräch nach Kühlgut fragt, ist bei uns falsch“
Die „existenziellen Bedrohungen“ sind das, worum es Wienerroither in der Beratung vorrangig geht. „Best Advice hängt ja nicht davon ab, wie viel ich für mein Kühlgut bekomme. Ganz im Gegenteil: Wenn der Kunde im Erstgespräch nach dem Kühlgut fragt, ist er bei uns falsch.“ Die Kanzlei Wienerroither vermittelt fast ausschließlich Selbstbehalt-Produkte. „Wir sagen dem Kunden: Wenn Sie wegen 100 oder 200 Euro einen Versicherer brauchen, sind Sie nicht unser Kunde!“
Durchblicker & Co. werden sich „Massengeschäft einverleiben“
Versicherungsmakler werden künftig, glaubt Wienerroither, viel stärker beraten als verkaufen. Das betreffe vor allem die Schadenbearbeitung. „Plattformen wie durchblicker.at werden sich mit Sicherheit im Privatkundenbereich das Massengeschäft einverleiben. Das wird irgendwann alle treffen – die kleinen Makler wahrscheinlich mehr.“
Die Zukunft sieht Wienerroither auch im Spezialisieren. „Ich kann nicht alles machen, ich sollte mich auf eine Sparte oder auf irgendein Produkt spezialisieren und dort akribisch arbeiten.“ Außerdem rät er dazu, durch das eigene Netzwerk in eine Fachgruppe zu kommen – in seinem Fall sind es die Trafikanten. „Man muss zwar am Anfang viel investieren, aber letztlich hat es viele Vorzüge.“
Das Maklerporträt erscheint in der AssCompact Juli-Ausgabe.
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