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Die Folgen einer Schönheits-OP als Fall für die Krankenversicherung

Die Folgen einer Schönheits-OP als Fall für die Krankenversicherung

07. Oktober 2016

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4 Min. Lesezeit

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News-Recht & Wissen

Sind die Krankheitsfolgen einer kosmetischen Brustoperation ein auf bedingtem Vorsatz beruhender Versicherungsfall? Diese Frage beschäftigte die Gerichte in Deutschland, nachdem eine Frau Jahre nach der OP Komplikationen erlitt.

Mag. Peter Kalab

Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 07.10.2016

Aus kosmetischen Gründen ließ sich eine Frau in Deutschland im Jahr 2004 ihre Brüste mittels Implantate vergrößern. Einige Zeit später schloss ihr Ehemann eine Krankenversicherung ab, in der die Frau mitversichert war. Bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen ließ der Mann die Schönheits-OP unerwähnt. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (AVB) zugrunde, deren ersten Teil die Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB/KK 94) bilden.

Kläger: Versicherer muss für zweite OP zahlen

Ende 2011 kam es zu Problemen: In der rechten Brust der Frau bildete sich – ausgelöst durch das Implantat – eine schmerzhafte Kapselfibrose, in der linken Brust war es zu einer Fehl-Lage des Implantats gekommen. Im Jänner 2012 wurden deshalb beide Implantate ausgewechselt, wofür die Klinik rund 4.600 Euro in Rechnung stellte.

Es folgte ein Rechtstreit zwischen dem Ehepaar und der Krankenversicherung, die laut Kläger für die OP-Kosten aufkommen müsse. Andernfalls hätte sie die Kosten wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten zu erstatten – denn bei Versicherungsabschluss hätte sie darüber informieren müssen, dass sie für die Folgen kosmetischer Operationen nicht einstehe.

Komplikationen „bedingt vorsätzlich herbeigeführt“?

Die beklagte Versicherung lehnte die Kostenerstattung unter Berufung auf § 5 Teil I (1) b AVB ab. Da die Ehefrau des Klägers vor ihrer Brustvergrößerung, die nicht zum Zweck einer Heilbehandlung erfolgt sei, über die damit verbundenen Risiken aufgeklärt worden sei, habe sie diese Komplikationen bedingt vorsätzlich herbeigeführt. Zudem sei der Implantatwechsel medizinisch nicht notwendig gewesen.

Das Landgericht hat die Klage des Ehepaars abgewiesen, das Berufungsgericht lehnte die Berufung auf Basis eines medizinischen Sachverständigengutachtens ebenso ab. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab der Revision des Klägers Folge und verwies den Fall an das Berufungsgericht zurück. Er kam zu folgendem Fazit: Eine Krankheit im Sinne von § 5 (1) b MB/KK 94 sei auch dadurch gekennzeichnet, dass sie eine nicht ganz unerhebliche Störung körperlicher oder geistiger Funktionen mit sich bringe und deshalb die Notwendigkeit einer Heilbehandlung begründe.

Ergänzend führte der BGH noch aus: Ein Erfahrungssatz, wonach sich die versicherte Person mit allen ihr durch ärztliche Aufklärung bekannt gewordenen möglichen Krankheitsfolgen eines geplanten ärztlichen Eingriffs, die mit einer gewissen Häufigkeit beobachtet werden, im Sinne einer billigenden Inkaufnahme abfindet, besteht nicht. Einer solchen generalisierenden Betrachtung stehe bereits die allgemeine Erwägung entgegen, dass sich Patienten einem ärztlichen Eingriff in aller Regel in der Hoffnung unterziehen, dieser werde erfolgreich und komplikationsfrei verlaufen. Welche Vorstellungen eine versicherte Person mit einem bevorstehenden ärztlichen Eingriff konkret verbindet, müsse deshalb stets im Einzelfall geklärt werden.

Eine Frage des Einzelfalls

Die Ausführungen des BGH sind laut RSS für österreichisches Recht mittelbar verwertbar, da § 178l Satz 1 VersVG im Wesentlichen mit § 201 dVVG übereinstimme. Einschlägige höchstgerichtliche österreichische Rechtsprechung zu § 178l VersVG besteht nicht.

Fazit: „Nach den gängigen Versicherungsbedingungen sind kosmetische Operationen nicht versichert“, so die RSS. „Aber auch Komplikationen nach derartigen Operationen sind nicht versichert, wenn es sich um solche handelt, die der Versicherte mit bedingtem Vorsatz in Kauf genommen hat, was in der Regel bei Komplikationen der Fall sein wird, über die der behandelnde Arzt im Vorfeld aufgeklärt hat.“ Dies sei aber eine Frage des Einzelfalles, den bedingten Vorsatz habe der Versicherer zu beweisen.

Quelle: RSS/Fachverband der Versicherungsmakler; bearbeitet von AssCompact Österreich

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