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Die Führerscheinklausel bei einem Unfall im Ausland

(Bild: © H_Ko – stock.adobe.com)

Die Führerscheinklausel bei einem Unfall im Ausland

20. Februar 2023

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5 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Ein Versicherungsnehmer verstarb bei einem Motorrad-Unfall im Iran. Zum Unfallzeitpunkt verfügte der VN über keinen gültigen Führerschein der Republik Österreich für die Fahrzeugklasse A1. Die zuständige Versicherung lehnte eine Leistung an die Ehegattin mit der Begründung ab, dass der Versicherungsnehmer das Unfallfahrzeug nach österreichischem Recht nicht hätte lenken dürfen.

Artikel von:

Dr. Roland Weinrauch

Dr. Roland Weinrauch

Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte|https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/

Was ist passiert?

Zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer bestand ein Unfallversicherungsvertrag, dem die Allgemeinen Bedingungen für den Unfallschutz (AUVB 2016) zugrunde lagen. Die AUVB lauteten auszugsweise wie folgt:

„(…) Um dem Eintritt des Versicherungsfalls oder einer Erhöhung des Umfangs der Versicherungsleistung vorzubeugen, ist folgende Obliegenheit einzuhalten:

Die versicherte Person besitzt als Lenker eines Kraftfahrzeuges die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung nach österreichischem Recht, die zum Lenken dieses Kraftfahrzeuges vorgeschrieben ist; dies gilt auch dann, wenn dieses Fahrzeug nicht auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt wird. […]

Wird diese Obliegenheit zumindest leicht fahrlässig verletzt, sind wir insoweit leistungsfrei, als die Verletzung einen Einfluss auf die Höhe der Versicherungsleistung oder den Eintritt des Versicherungsfalles gehabt hat.“

In Folge eines Unfalles im Iran mit einem Motorrad Fahrzeugklasse A1 kam der Versicherungsnehmer ums Leben. Der Versicherungsnehmer verfügte zum Unfallzeitpunkt zwar über einen gültigen Führerschein der Republik Österreich für die Fahrzeugklasse B, jedoch nicht für die Fahrzeugklasse A1. Die im Todesfall bezugsberechtigte Ehegattin des Versicherungsnehmers begehrte vom Versicherer eine Versicherungsleistung in der Höhe von 141.334,82 Euro. Der Versicherer lehnte jedoch jegliche Leistung mit der Begründung ab, dass aufgrund einer Verletzung der oben dargestellten Obliegenheit Leistungsfreiheit bestehe, da der Versicherungsnehmer das Unfallfahrzeug nach österreichischem Recht nicht hätte lenken dürfen. Daraufhin brachte die Bezugsberechtigte eine Klage gegen den Versicherer ein und begründete ihren Anspruch einerseits damit, dass die oben dargestellte Klausel gröblich benachteiligend sei, da der verstorbene Versicherungsnehmer über eine gültige Lenkerberechtigung in dem Land verfügt habe, in dem sich der Unfall ereignet habe. Andererseits sei die Klausel ungewöhnlich, da sie von den Versicherungsbedingungen anderer Versicherer abweiche. Der Fall landete schließlich beim Obersten Gerichtshof (OGH).

Wie ist die Rechtslage?

Der OGH (7 Ob 184/21s) führte zunächst aus, dass die vorliegende Führerscheinklausel auf die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung nach österreichischem Recht abstellt. Nach Ansicht des OGH sei es aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers weder ungewöhnlich noch unerwartet, dass ein Versicherer mit Sitz in Österreich bei einem in Österreich wohnhaften Versicherungsnehmer unter dem Gesichtspunkt der Kalkulierbarkeit des Risikos bei der Frage der Lenkerberechtigung auf österreichisches Recht abstellt; dies insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass die kraftfahrrechtlichen Bestimmungen von Staaten außerhalb der Europäischen Union (wie hier: Iran) maßgeblich von der nationalen Rechtslage abweichen und auch schwer ermittelbar sein können. Der Umstand allein, dass möglicherweise andere österreichische Versicherer nicht auf die österreichische Rechtslage abstellen, macht die Klausel auch nicht ungewöhnlich. Nach Ansicht des OGH hat nämlich die bloße Verbreitung einer Klausel am Markt grundsätzlich keinen Einfluss darauf, ob sie als im redlichen Verkehr üblich anzusehen ist. Vor dem Zweck der Führerscheinklausel, ein erhöhtes Risiko durch unerfahrene und ungeschulte Lenker zu berücksichtigen, bewirke die Klausel auch keine wesentliche Einschränkung gegenüber dem Standard, den der in Österreich lebende Versicherungsnehmer von einer Unfallversicherung erwarten kann. Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass die Klausel weder ungewöhnlich noch gröblich benachteiligend und daher gültig ist, sodass der Versicherer im vorliegenden Fall leistungsfrei blieb.

Schlussfolgerungen

Die Bedingungslagen zur Führerscheinklausel unterscheiden sich je nach Generation und Versicherer. Deckungsablehnungen aufgrund der Führerscheinklausel sind daher stets auf den jeweiligen Wortlaut hin zu prüfen. Der Umstand, dass es am Markt unterschiedliche Bedingungslagen gibt, macht Klauseln nicht per se ungewöhnlich.

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