EGMR-Urteil: Versteckte Kamera bei Beratung – Makler klagt Schweizer Fernsehen

Ein brisanter Fall, der sowohl Medien als auch Versicherungsmakler betrifft, beschäftigte den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Das Schweizer Fernsehen SFR testete in einer Sendung zum Thema Konsumentenschutz einen Versicherungsmakler – mit rechtlichen Folgen.

Für die Sendung „Kassensturz“ filmte das Fernsehteam einen Versicherungsmakler mit versteckter Kamera beim Verkauf einer Lebensversicherung. Das Beratungsgespräch fand in einer von der Redaktion organisierten Privatwohnung statt. Im Anschluss fragte eine Redakteurin den Makler zu Fehlern im Beratungsgespräch. Dieser verweigerte jedoch eine Antwort.

In der Ausstrahlung der Sendung wurde der Makler unkenntlich gemacht, lediglich seine Kleidung, Haar- und Hautfarbe waren sichtbar, seine Stimme wurde ebenfalls verändert. Der Makler versuchte, mittels Zivilklage die Ausstrahlung der Sendung zu verhindern – ohne Erfolg.

Allerdings wurde dann ein Strafverfahren gegen vier Redakteure, darunter den Chefredakteur des Senders eingeleitet. Sie wurden zu Geldstrafen verurteilt, und zwar wegen Abhörens und Aufnehmens fremder Gespräche bzw. Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte.

Daraufhin erhoben die Redakteure Beschwerde am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Richter stellten fest, dass durch die Verurteilung das Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 10 EMRK) verletzt wurde.

Fazit: Abzuwägen waren das Recht auf Achtung des Privatlebens und jenes auf freie Meinungsäußerung. Da jedoch der Makler in der Reportage unkenntlich gemacht wurde, weil er nicht persönlich angegriffen werden sollte, sondern auf bestimmte Praktiken der Branche hingewiesen werden sollte, hatten sich die Redakteure nach Ansicht des EGMR korrekt verhalten.

Quelle: WKO, bearbeitet von AssCompact Österreich