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Ethik in aller Munde

Ethik in aller Munde

21. Juni 2019

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4 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

Das Thema „Ethik“ rückt mit der IDD verstärkt in den Fokus der Versicherungsvermittler. Was das bedeutet und wie sich „unethisches“ Handeln auswirkt, erklärt Reinhard Jesenitschnig in der AssCompact Juli-Ausgabe.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 21.06.2019

Von Reinhard Jesenitschnig, C:M:S Maklerservice GmbH*

Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.01.2016 (IDD) verlangt für Versicherungsvermittler und deren Angestellte zumindest 15 Stunden berufliche Schulung oder Weiterbildung, um deren Kenntnisse und Fähigkeiten zu gewährleisten. Im Anhang zu dieser Richtlinie sind die Mindestkenntnisse jener Teilbereiche aufgelistet, deren Gesamtheit die Qualität eines Vermittlers prägen. Dazu zählen „ethische Standards im Geschäftsleben“, konkret im Versicherungsvertrieb. Und siehe da: das Thema Ethik zieht sich bereits durch die vom Markt angebotenen Ausbildungs-, Seminar- und Vortragsangebote, auch wenn es der Gesetzgeber trotz ausreichender Fristen noch nicht geschafft hat, den Lehrplan für die Weiterbildungsverpflichtung zu verordnen. Man kann dies wohl als einen nicht sanktionierten Ethikverstoß gegenüber einer ganzen Berufsgruppe sehen.

Ethik und Versicherung

Die Wirtschaftsethik umfasst auch das Thema „Ethik und Versicherung“. Auf Basis allgemeiner ethischer Grundsätze werden (grob vereinfacht) Handlungsdirektiven entwickelt, die ökonomisches Handeln auch aus moralischer Sicht beleuchten und beurteilen lassen. Die Ethik ist somit der theoretisch-wissenschaftliche Überbau moralischen Handelns in allen Lebenslagen.

Nicht genormte ethische Verstöße können nicht konkret, sondern nur allgemein, etwa durch gesellschaftliche oder Gruppenächtung, sanktioniert werden. Werden moralische Handlungsgrundsätze jedoch in Normen gefasst, unterliegen ethische Verstöße festgesetzten Strafen. Im § 151 des österreichischen Strafgesetzbuches finden wir z.B. Bestimmungen zum Versicherungsmissbrauch, ein Tatbestand, der sich im Bewusstsein der Bevölkerung längst vom „Kavaliersdelikt“ zu dem gewandelt hat, was er tatsächlich ist, nämlich unmoralisches Verhalten in höchstem Maß. Normen können aber auch von der Zivilgesellschaft erstellt werden, beispielsweise Standesregeln für einzelne Berufsgruppen.

Wenn Profit über allem steht

Ein Beispiel für ethisches Fehlverhalten im Versicherungsvertrieb, das zwar strafrechtlich nicht zu sanktionieren war, aber zivilrechtliche Folgen hatte, lieferte ein Versicherungsvermittler beim Verkauf einer Lebensversicherung. Er vermittelte einer Studentin einen Vertrag, dessen Prämie sie aus eigenem Einkommen nicht finanzieren konnte. Da der jungen Dame daraus finanzieller Schaden entstand, musste der Vermittler für diesen Schaden einstehen und sich vom Gericht zudem mitteilen lassen, dass er verpflichtet gewesen wäre, die wirtschaftliche Lage der Studentin auszuloten, ob sie denn überhaupt in der Lage sei, den von ihm vorgeschlagenen Prämienaufwand zu leisten. Hier standen für den Vermittler Profit und moralisches Verhalten gegenüber, der Vermittler entschied sich für ersteres.

Auch Versicherer gefordert

In den nunmehr aufflammenden Diskussionen über Ethik in der Versicherung steht der Vertrieb im Zentrum. Dennoch sollte dem Sektor Schaden zumindest die gleiche Aufmerksamkeit zu diesem Thema zuteilwerden. Das betrifft jedoch nicht (in erster Linie) die Vermittler, sondern die Versicherungsgesellschaften. Ethisches Verhalten auf Seiten der Vermittler und auch auf Seiten der Versicherungsreferenten setzt nicht nur moralisches Denken, sondern auch fachliches Wissen voraus. Sehen wir daher die auf uns zukommende Verpflichtung zur Weiterbildung nicht als lästige Auflage, sondern als Bereicherung für unsere tägliche Arbeit und für den nachhaltigen Einsatz im Sinne unserer Kunden an.

*gekürzte Version; der gesamte Artikel erscheint in der AssCompact Juli-Ausgabe.

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