Wir kennen die Problematik aus der Rechtsschutzversicherung. Behauptet der Gegner einen Verstoß, der außerhalb des zeitlichen Geltungsbereiches liegt, ist der Versicherer leistungsfrei. Nun entschied der OGH in einer ähnlichen Frage zur Haftpflichtversicherung (OGH 7 Ob 142/18k, versdb 2019, 27).
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 21.06.2019
Von Ewald Maitz, MLS
Am 31.07.2016 gegen 03:00 Uhr trafen der VN und die sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindliche Geschädigte auf dem Gelände eines Dorffestes tätlich aufeinander. In der Folge zog sich die Geschädigte bei einem Sturz eine Fraktur des linken Handgelenks, eine Schürfwunde an der rechten Hand und ein Hämatom am rechten Ellbogen zu.
Bei der Staatsanwaltschaft behing ein Ermittlungsverfahren gegen den VN wegen des Verdachts des Vergehens nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB (Körperverletzung) zum Nachteil der Geschädigten, dem sich diese als Privatbeteiligte angeschlossen hatte. Die Staatsanwaltschaft stellte das Ermittlungsverfahren ein. Im Zweifel sei vom Vorliegen einer Notwehrsituation auszugehen; ein Schuld- und Tatnachweis sei nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit zu erbringen. Ein von der Geschädigten gestellter Fortführungsantrag wurde abgewiesen.
Die Geschädigte machte einen Schmerzensgeldanspruch geltend und stützte ihn im unstrittigen Anspruchsschreiben auf den „Angriff“ des VN. Der VN behauptete hingegen, er habe die Körperverletzung der Geschädigten nicht vorsätzlich zugefügt und der Vorsatzausschluss komme daher nicht zur Anwendung.
Die Versicherungsbedingungen enthielten folgenden Vorsatzausschluss: „Die Versicherung erstreckt sich nicht auf tatsächliche oder behauptete Schadenersatzverpflichtungen der Personen, die den Schaden, für den sie von einem Dritten verantwortlich gemacht werden, rechtswidrig und vorsätzlich herbeigeführt haben.“
Entscheidung des OGH
Zur Frage der Deckung aus der Haftpflichtversicherung entschied der OGH: Da die Geschädigte ihren Schmerzensgeldanspruch auf eine dem VN vorgeworfene Vorsatztat stützt, ist die Deckung nach Art 7.2 AHVB 2012 ausgeschlossen.
Grundsätzlich ist nach bisheriger Rechtsprechung der Deckungsanspruch des Haftpflichtversicherten durch das versicherte Risiko spezialisiert und von dem vom Geschädigten erhobenen Anspruch abhängig, das heißt unter Zugrundelegung des vom Geschädigten behaupteten Sachverhalts. Von diesem Grundsatz ist (auch beim vorweggenommenen Deckungsprozess) nicht abzugehen, andernfalls hätte es der VN in der Hand durch bloße, dem Anspruch des Geschädigten widersprechende, Behauptungen Deckung zu erlangen. Grundlage für die Prüfung, ob ein gedeckter Versicherungsfall vorliegt, ist daher der geltend gemachte Anspruch ausgehend von den vom Geschädigten behaupteten Sachverhalt.
Sollte in einem späteren Haftpflichtprozess die Geschädigte ihren Anspruch abweichend davon auf fahrlässige Körperverletzung stützen oder wäre dies das Ergebnis des Haftpflichtprozesses, so ist dies als neue (gesonderte) Anspruchserhebung gegenüber dem Haftpflichtversicherten zu werten, die vom Versicherer ohne Bindung an den vorliegenden Deckungsprozess zu prüfen ist.
Im vorliegenden Verfahren wird nämlich nur die Deckung des von der Geschädigten erhobenen Anspruchs formal, ohne den zugrundeliegenden Lebenssachverhalt, geprüft.
Der Artikel erscheint auch in der AssCompact Juli-Ausgabe.
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