Kunden sind bei der Altersvorsorge sehr häufig andere Dinge wichtig, als Finanzdienstleister glauben. Das zeigt eine aktuelle Studie. Demnach überschätzen Berater auch ihre Rolle als Informationsquelle deutlich.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 27.04.2018
Prof. Dr. Bernd Ankenbrand von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt hat mit Unterstützung von Standard Life 286 Finanzdienstleister und 919 Kunden in Österreich befragt. Im Ergebnis zeigten sich einige Lücken zwischen der Wahrnehmung von Kunden und Beratern, was den Kundenbedarf in der Altersvorsorge betrifft. „Kunden kennen die hinter der Finanzberatung stehenden Leistungen zu wenig, zudem sind ihnen in vielen Fällen andere Aspekte wichtig, als Berater annehmen“, sagt Ankenbrand.
Persönliche Beratung überbewertet
Das Internet ist für knapp die Hälfte der Kunden (49,5%) hinsichtlich der Altersvorsorge ein wichtiges Informationsmedium. Finanzberater gehen von einer stärkeren Nutzung (60,9%) aus und messen der Onlineinformation damit eine zu große Bedeutung zu. Zugleich überschätzen sie ihre eigene Rolle als Informationsquelle: Nur 36,1% der Kunden informieren sich bei einem Finanzberater, die selbst von 64% ausgehen.
Empfehlungen eines Finanzberaters sind nur für 34,6% der Kunden ausschlaggebend für eine Entscheidung – Berater nehmen hier einen Kundenanteil von 68,2% an. Persönliche Treffen sind für 22,1% der Kunden weniger wichtig bzw. unwichtig – von den Finanzberatern glauben das hingegen nur 4,9%.
Digitale Services immer wichtiger
„Eine akute Existenzbedrohung der Finanzberater durch steigende Onlineabschlüsse ist als Mythos einzustufen“, so Ankenbrand. Laut Studie haben fast zwei Drittel der Kunden (63,9%) nicht vor, ihre Produkte zur Altersvorsorge zukünftig über das Internet zu beziehen – was jedoch nur 17,4% der Finanzberater so einschätzen. Allerdings gewinnen technische Services an Bedeutung: Die Relevanz des digitalen Zugriffs bewerten 44,8% der Kunden als (sehr) hoch – dies sehen Berater ähnlich (51,7%). Wesentlich ist für 54,2% der Kunden ebenfalls ein 24/7-Zugriff auf Informationen und ihre Daten – ein Bedarf, den auch Finanzberater so einschätzen (54,6%). Nur 8,1% der Kunden (21,3 %der Berater) gehen davon aus, dass Apps die Fachkompetenz eines Finanzberaters vollständig ersetzen können.
Berater unterschätzen Preis-Leistungsverhältnis
Größe und Stabilität des Produktanbieters halten Kunden (74,7%) und Finanzberater (72%) gleichermaßen ausschlaggebend für Kundenentscheidungen. Die Zuverlässigkeit eines Produkts hat für Kunden allerdings deutlich höhere Relevanz (95,9%) als dies Finanzberater einschätzen (72%). Das Preis-Leistungsverhältnis ist Kunden ebenfalls äußerst wichtig (90,8%), was Finanzberater deutlich unterschätzen (71,7%).
Was ein Algorithmus nicht kann
„Das Internet und digitale Services sind für Berater eine große Chance, Dienstleistungen kundengerecht und zugleich effizient zu gestalten. Kunden wollen Zeit und Geld sparen: Live-Online-Beratung und der Einsatz von Software-Tools kombiniert mit der fachlichen Kompetenz stärkt die Position der Finanzberater“, ist Ankenbrand überzeugt.
Finanzberater müssten Aspekte in den Vordergrund stellen, die sie aufgrund ihrer Erfahrung – auch mit dem Produkt oder Produktgeber – besser beurteilen können als ein Algorithmus. „Vor diesem Hintergrund kann es zum Beispiel hilfreich sein, im Zuge der Beratung zu erklären, warum ein bestimmtes Produkt auf der Empfehlungsliste ist, obwohl es vielleicht bei gewissen Vergleichsrechnern nicht zu den Favoriten zählt.“
Die Studie steht unter diesem Link zum Download bereit.
Bild: ©weixx - stock.adobe.com
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