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Gewerbesymposium 2023: Per Anhalter zu internationalen Betriebshaftpflichtprogrammen

(Bild: © Coloures-Pic – stock.adobe.com)

Gewerbesymposium 2023: Per Anhalter zu internationalen Betriebshaftpflichtprogrammen

24. Februar 2023

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10 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

In unserer globalisierten Weltwirtschaft zieht es immer mehr österreichische VersicherungsnehmerInnen ins Ausland – entweder um neue Absatzmärkte zu erschließen oder um die Produktion kostengünstiger zu gestalten. „Internationale Programme ausschreiben ist schon schwer, die richtige Lösung zu erhalten jedoch noch mehr“ lautet die These, unter welcher Haftpflicht-Experte und Sprecher beim AssCompact Gewerbesymposium 2023 Mag. Christian Cencic diesen Artikel erstellt hat.

Artikel von:

Mag. Christian Cencic

Mag. Christian Cencic

Jurist und akademischer Versicherungskaufmann sowie Haftpflicht-Experte

Die „richtige“ Versicherungslösung stellt gerade in der Betriebshaftpflicht alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Einerseits fehlen absolute, einfach festzulegende Werte wie beispielsweise in der Sachversicherung, andererseits ist es sehr komplex die „gesetzliche Schadenersatzverpflichtung“ in einem Drittland aus Österreich heraus zu beurteilen.

Tatsächlich gibt es einige Plattformen und Dienstleister die – gegen gutes Geld – versprechen, einen Überblick zu verschaffen, klare Antworten auf fachliche Fragen fehlen zumeist. Vereinfacht dargestellt scheitert es daran, dass Haftpflichtversicherungsrecht als Nische meist über ein spezielles Vokabular verfügt, das in weiterer Folge nur schwer bis gar nicht übersetzbar ist. Sinnbildlich erzielt die Eingabe des Begriffs „Betriebshaftpflichtversicherung“ in der Onlineplattform „dict.leo.org“ sieben höchst unterschiedliche Übersetzungen des Begriffs. Allen ist gemein, dass diese im Zusammenhang mit dem gesuchten Begriff stehen, teilweise jedoch andere Sparten bedienen.

Einheitlicher Deckungsumfang – geht nicht, gibt’s!

Selbst wenn das Anspruchsthema ausgeklammert wird, bleibt nach wie vor ein erheblicher Spielraum übrig. Das ist insbesondere problematisch, da die klassische Erwartungshaltung für ein „integriertes Programm“, also eine Versicherungslösung, bei der Lokalpolizzen und Mastervertrag bei einem einzigen Versicherungskonzern und dessen Partner platziert werden, jene ist, dass überall einheitlicher Versicherungsschutz geboten wird.

Und während schon die Anspruchsgrundlagen zwischen Österreich und Deutschland erheblich variieren (Stichwort „bedungene Eigenschaft“ vs. „Mangel“), so wird dies wesentlich komplexer, wenn eine Fremdsprache und in derselben geschriebene Gesetzestexte ins Spiel kommen. Wir halten also fest, dass die Inhalte von integrierten Programmen insbesondere bei den Lokalpolizzen teilweise massiv variieren können.

Findige Leser:innen werden nun einwenden, dass es dazu ja eine Deckungsdifferenzklausel („Difference in conditions“ aka „DIC“) gibt, die zum viel beschworenen „good local standard“ von internationalen Programmen gehört. Gegen diesen berechtigten Einwand drängt sich ein „Ja, aber“ auf. Denn die Voraussetzung dafür ist, dass der Versicherer berechtigt ist, den Versicherungsschutz tatsächlich auf dieser Basis bieten zu dürfen.

Während das – auch für die „klassischen“ österreichischen Versicherer – innerhalb der EU (zumindest theoretisch) möglich ist, da Versicherungsleistungen per „freedom of service“ dargeboten werden dürfen, wird es in anderen „admitted“ Ländern, also solchen, in denen die Deckung aus dem Ausland heraus im Prinzip erlaubt ist, schon schwieriger. Beispielsweise wird für das Vereinte Königreich eine spezielle Zulassung gefordert.

Bei den sogenannten „non admitted“ Staaten, also solchen, in denen dem Versicherer eine lokale Zulassung fehlt, wird zwischen solchen unterschieden, die es der gewünschten Anstalt unter bestimmten Voraussetzungen dennoch ermöglichen, Deckung zu gewähren („non admitted permitted“) und solchen, die es komplett untersagen („non admitted non permitted“). Zu letzteren gehören neben Brasilien insbesondere auch China oder die Schweiz. Ein internationaler Versicherer, der in der EU seine Niederlassung hat, sitzt insofern im selben Boot wie sämtliche „klassischen“ Österreichischen Versicherer.

Traue keinem über FInC!

Kluge Köpfe haben deswegen die Konstruktion der Deckung des finanziellen Interesses entwickelt, die international als „Financial Interest Clause“ (FInC) oder „Foreign Entity Loss“ (FEL) bezeichnet wird.

Hier gilt es jedoch besondere Vorsicht walten zu lassen. Durch die Brille eines österreichischen Mastervertrages ist die Klausel so zu formulieren, dass ausschließlich die österreichische Versicherungsnehmerin Deckung genießt, widrigenfalls sonst gegen lokale Vorschriften verstoßen wird und der Versicherer wegen Missachtung der Solvency Auflagen („Versichere nur das, was Du versichern darfst“) gehörig unter Druck kommen würde.

Die geringste Konsequenz aus einer gültigen FInC/FEL Deckung ist, dass die einschlägigen Prämien mit der österreichischen Versicherungssteuer zu belegen sind. Schwerer wiegt schon, dass die Möglichkeit fehlt, aus dem Master heraus Versicherungsdeckungen für Länder zu erstellen, deren Umsätze über diese Klausel gedeckt sind, da der Versicherungsschutz ausschließlich als „Bilanzschutz“ für die Versicherungsnehmerin in Österreich gewährt wird. Am Herausforderndsten ist jedoch, dass die Abwicklung von allfälligen lokalen Schadenersatzverpflichtungen der Versicherungsnehmerin selbst obliegt. Diese hat die Fälle in jener Form zu erledigen, die eine Beurteilung des in weiterer Folge eingetretenen Bilanzschadens in Österreich, beispielsweise aufgrund der Notwendigkeit des Kapitalnachschusses, durch den Versicherer umfassend ermöglicht.

Ersatzfähig ist dabei ausschließlich jener Betrag, der für denselben Fall in Österreich geleistet worden wäre. Entsprechend bleiben zusätzliche Kosten, beispielsweise jene, um das notwendige Kapital in das relevante Land zu verschieben, bei der Versicherungsnehmerin. Findige Deckungserweiterungen für steuerliche Mehraufwendungen führen bei genauerer Betrachtung zur Schlussfolgerung, dass ein rechtswidriges Konstrukt vorliegt. Dies, da der Versicherer die Behauptung wider den Vorschriften Deckung für Länder zu gewähren, in denen lokale Vorschriften der Möglichkeit Versicherungsschutz aus Österreich zu gewähren entgegenstehen, kaum entkräften wird können. Ein Konzessionsentzug wäre eine mögliche Folge.

USA – non permitted und dann?

Die USA als „non admitted“ Land ist differenziert zu betrachten. Speziell im Excess Bereich besteht die Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere auf Initiative der Versicherungsnehmerin und unter Beiziehung eines qualifizierten „Surplus Line Brokers“ in den USA, „non admitted permitted“ aus Österreich heraus Deckung zu gewähren.

Aber selbst die Errichtung von Lokalpolizzen über ein integriertes Programm ist kaum ein sanftes Ruhekissen. Insbesondere ist es schwierig, die Versicherungssumme des Mastervertrages auch lokal darzustellen, da selbst eine durchgehende lokale Versicherungssumme von 10 Mio. US-Dollar eine Herausforderung am US-Markt ist. Dieser ist tarifgetrieben, die lokalen Anbieter teilen sich dabei in „Primary Insurer“, also solche für die erste, maximal die ersten 2 Mio. US-Dollar, „Umbrella Insurer“, also Risikoträger die einen Layer für mehrere Sparten, oftmals auch inklusive Kfz-Haftpflicht und Employer‘s Liability, nach dem Primary bis etwa 5 Mio. US-Dollar und „Excess Insurer“, also solche Versicherer, die nach dem Umbrella eine klassische Excedentenversicherung in Tranchen zwischen 5 bis 10 Mio. US-Dollar anbieten, auf.

Klar ist, dass derartige Konstruktionen notwendig werden, sobald US-spezifische Versicherungsanforderungen – wie beispielsweise ein „Additional Insured Endorsement“, welches eine lokale Rechtschutzkomponente („Duty to defend“) beinhaltet – gefordert werden, um einen Auftrag einlösen zu können, da eine direkte Lösungsmöglichkeit über die österreichische Polizze aus den oben ausgeführten Gründen fehlt.

Christian Cencic beim AssCompact Gewerbesymposium 2023

Internationale Haftpflichtprogramme werden in der globalisierten Weltwirtschaft immer wichtiger. Die USA sind nach wie vor eine Zieldestination vieler österreichischer Versicherungsnehmerinnen, kann eine Investition dort doch zum großen Durchbruch führen. Der dortige Rechtsbereich stellt alle Beteiligten des Versicherungsdreiecks vor große Herausforderungen, die vor einem Einstieg besser gemeinsam überlegt werden. Mag. Christian Cencic ist Jurist und akademischer Versicherungskaufmann sowie Experte für Haftpflichtversicherung. Beim AssCompact Gewerbesymposium 2023 geht er in seinem Vortrag „Per Anhalter durch internationale Haftpflichtprogramme mit einem Fokus auf die USA“ genau diesem Thema auf den Grund.

AssCompact Gewerbeversicherungssymposium 2023

Gewerbesymposium 2023: Per Anhalter zu internationalen Betriebshaftpflichtprogrammen

Das AssCompact Gewerbeversicherungssymposium findet als Präsenzveranstaltung am 7. März 2023 in der Pyramide Wien/Vösendorf statt.

Alternativ bieten wir die Vorträge auch via AssCompact Live TV als Online-Variante am 21., 22. und 23. März. an

TICKETPREIS: Für Vermittler und Sponsor-Partner des AssCompact Gewerbeversicherungssymposiums gilt der reduzierte Preis in Höhe von EUR 180,- zzgl. MwSt. Bitte geben Sie bei Anmeldung als Vermittler den Rabattcode: Vermittler_2023 und als Sponsor-Partner den Rabattcode: Partner_2023 ein. Wenn Sie kein Vermittler oder Sponsor-Partner des AssCompact Gewerbeversicherungssymposiums sind, geben Sie bitte KEINEN Rabattcode ein, es gilt der Normalpreis in Höhe EUR 360,- zzgl. MwSt.

Hier geht’s zu kostenpflichtigen Anmeldung der Präsenzveranstaltung …

Hier geht’s zur kostenpflichtigen Anmeldung des ONLINE Gewerbesymposiums 2023 …

Den gesamten Beitrag lesen Sie in der AssCompact Februar-Ausgabe!

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