Ein Unternehmer zieht gegen seinen Versicherungsmakler vor Gericht, weil dieser ihn falsch beraten habe. Das Oberlandesgericht Saarbrücken verurteilt den Makler zur Zahlung von Schadenersatz. Dieses Urteil aus Deutschland zeigt, wie verheerend unzureichende Dokumentation sein kann.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 13.12.2016
Der beklagte Versicherungsmakler hatte den Kläger – einen selbständigen Unternehmer aus dem Handwerksbereich – schon länger betreut. 2008 vermittelte er diesem einen Basisrentenvertrag (sogenannte Rürup-Rente), wobei er ein Beratungsprotokoll anfertigte.
Innerhalb von drei Jahren zahlte der Kunde insgesamt 35.000 Euro an Beiträgen ein. Als er jedoch 2012 feststellte, dass vor Rentenbeginn kein Rückzahlungsanspruch besteht, dass der Vertrag nicht gekündigt und auch nicht an seine Ehefrau übertragen werden konnte, stellte er die Rentenversicherung beitragsfrei. Zu diesem Zeitpunkt betrug das Gesamtguthaben rund 20.000 Euro.
Beratungsprotokoll erst vier Jahre später erhalten
Nun klagte der Kunde den Makler auf Schadenersatz von rund 15.000 Euro, also die Differenz zwischen den eingezahlten Beiträgen und dem Vertragsguthaben. Er begründete dies damit, dass er den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn ihn der Makler ausreichend aufgeklärt hätte. Das Beratungsprotokoll, das der Makler bei Abschluss 2008 ausgefüllt hatte, habe er erst 2012 erhalten. Während das zuständige Landgericht die Klage abgewiesen hatte, verurteilte das Oberlandesgericht Saarbrücken den Makler zur Zahlung der Summe. Im Gegenzug hatte der Kläger seine Rentenzahlungsansprüche bis zu diesem Betrag abzutreten.
Im Vertrauen „blind“ unterschrieben
Der Ablauf des Beratungsgesprächs war strittig, zumal das Beratungsprotokoll keine konkreten Aussagen zum Inhalt des Gesprächs enthielt. Der Kläger behauptete: Der Makler habe ihm versichert, dass er jederzeit an das angelegte Geld kommen würde, wenn es nötig sei. Ebenso habe der Makler bestätigt, es bestehe eine Kapitaloption und die Rente sei auch übertragbar. Bei Vertragsabschluss habe er die Bestätigung, dass er die Versicherungsbedingungen und weitere Unterlagen erhalten habe, im Vertrauen auf seinen Makler blind unterschrieben, ohne diese tatsächlich bekommen zu haben.
Im Gespräch aufgeklärt?
Der Makler hielt dem entgegen, dem Kunden sei es hauptsächlich darum gegangen, Steuern zu sparen und eine staatliche Förderung zu erhalten. Er habe ihm ausdrücklich gesagt, nach erfolgter Kündigung gebe es keinen Rückkaufswert. Die davon zu unterscheidende „Kapitaloption zur Übertragung“, die dem Versicherungsnehmer das Recht gewähre, das zum Rentenbeginn vorhandene Guthaben auf einen anderen Versicherer zu übertragen, habe er dem Kläger ebenfalls erläutert. Bereits im Aptil 2008 habe er mit einer E-Mail dem Kläger sämtliche Vertragsbestimmungen übersandt.
Beratungsprotokoll unzureichend
Das Beratungsprotokoll wirkte sich in der Entscheidung letztlich zum Nachteil für den Makler aus. Es habe nicht die in § 61 Abs. 1 S. 2 VVG erforderliche Dokumentation über die Beratung enthalten. Könne ein Vermittler diese Dokumentation nicht vorlegen, ist dem Kunden eine Beweislasterleichterung bis hin zur Beweislastumkehr zuzubilligen.
Diese Grundsätze gelten nicht nur dann, wenn überhaupt keine Beratungsdokumentation vorgelegt wird, sondern auch dann, wenn die vorgelegte Dokumentation die behauptete Beratung nicht ausweist. Dann muss der Makler nachweisen, dass er entgegen der schriftlichen Dokumentation trotzdem mündlich beraten hat, wie er behauptet.
Ein Mitverschulden des Klägers komme nicht in Betracht. Der Einwand, der Kunde habe sich anhand der übergebenen Versicherungsunterlagen selbst informieren können, ändere an diesem Ergebnis nichts. Der Interessent dürfe vielmehr auf die mündlichen Angaben des Versicherungsmaklers vertrauen und müsse diese nicht nachprüfen.
Bei fehlender Dokumentation fällt Beweislast auf Berater
Fazit: „Diese Grundsätze zur Maklerhaftung können auch für den österreichischen Rechtsbereich übernommen werden, zumal die Dokumentationspflicht auf den einschlägigen europäischen Richtlinien beruht“, hält die Rechtsservice- und Schlichtungsstelle im Fachverband der Versicherungsmakler (RSS) fest. Die österreichische Judikatur hat den Grundsatz ausgebildet, dass überall dort, wo eine Dokumentationspflicht über eine Beratung besteht (wie zB bei Ärzten), eine fehlende Dokumentation zu einer Beweislastumkehr zu Lasten des Beratenden führt.
Quelle: RSS/Fachverband der Versicherungsmakler; bearb. v. AssCompact Österreich
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