Eine fehlerhafte Pränataldiagnose brachte einen Arzt in Haftung, woraufhin er seinen Versicherungsmakler klagte. Das OGH-Urteil sei eine Zäsur in der Maklerhaftung, so Mag. Marcel Mittendorfer, VERAG-Geschäftsführer und ARGE MED-Obmann.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 27.07.2016
Weil ein Gynäkologe die Behinderung eines Kindes vor der Geburt nicht diagnostiziert hatte, wurde er vom OGH infolge der Klage der Mutter zur vollen Unterhaltszahlung verpflichtet. Die Judikatur lautet dazu: Hätte er sie erkannt, dann hätten die Eltern im Rahmen der Fristenregelung abgetrieben und das Kind nicht bekommen. Da die Haftpflicht-Versicherungssumme nicht ausreichte, führte der Arzt Regress bei seinem Makler (AssCompact berichtete).
In einem aufsehenerregenden Urteil (5Ob252/15t) formulierte der OGH „nachvertragliche Informationspflichten“ des Maklers: Von ihm könne erwartet werden, über einschlägige Probleme seiner Kunden Bescheid zu wissen und sie dementsprechend zu informieren.
Information alleine reicht nicht – konkrete Empfehlungen gefordert
Aber: Die Bereitstellung der Information genügt noch nicht, wie der Fall zeigt. „Der Kunde wurde über das Urteil sogar informiert, aber der Makler ist damit noch nicht aus dem Schneider“, so Mag. Marcel Mittendorfer. Vielmehr müsse er im Sinne eines „Best-Risk-Management“ daraus konkrete Empfehlungen für den Kunden ableiten, etwa für eine höhere Versicherungssumme. „Tut er dies nicht, hat er dafür einzustehen. Dokumentiert er – ganz konkret – diese Empfehlung und die Reaktion des Kunden darauf nicht, trifft den Makler eine Beweislastumkehr.“
Ein hoher Anspruch – angesichts der Vielzahl an Berufen und Branchen, die ein Makler betreut. Klar ist für Mittendorfer, dass Spezialisierung „die einzige Chance darstellt, diesen hohen Ansprüchen an die Kenntnis der betreuten Kundengruppen überhaupt genügen zu können. Denn einschlägige Probleme und Veränderungen für alle Berufsgruppen und Branchen parat zu haben, ist schlichtweg als unmöglich zu bezeichnen.“
Höchstmöglicher Versicherungsschutz ist der Maßstab
Eine Konsequenz aus dem Urteil: „Die aktuelle Praxis der Dokumentation wird sich nochmals völlig ändern müssen. Über die gewerblichen Pflichtinhalte hinaus sind Entscheidungen des Klienten, auch zu Empfehlungen aus der laufenden Betreuung heraus, exakt festzuhalten.“ Zudem müsse sich der Beratungsstandard stets am maximal möglichen Versicherungsschutz orientieren, „auch bei einem bekannt sparsamen Kunden. Denn dieser ist im Nachhinein nicht an seine früheren Äußerungen und Wünsche gebunden, wenn er anführen kann, dass sich irgendeine Rahmenbedingung verändert hätte und er aufgrund dessen diesmal anders entschieden hätte.“
Zur Klärung eines möglichen Mitverschuldens des Arztes hat der OGH an die Unterinstanzen zurückverwiesen. „Ein weiteres spannendes Urteil darf daher erwartet werden“, so Mittendorfer. Sein detaillierter Kommentar zum OGH-Urteil erscheint in der AssCompact August-Ausgabe.
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