Die Gefahr von Extremwetterereignissen steigt in allen Regionen Österreichs. Ein gemeinsames Konzept von Versicherungswirtschaft und Politik sei unumgänglich, betonten Experten bei einer Pressekonferenz auf Einladung des Versicherungsverbandes (VVO).
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 13.12.2018
„Extreme Wetterphänomene sind in Österreich keine vagen Zukunftsprognosen mehr, sondern Realität“, betonte VVO-Präsident Vorstandsvorsitzender KR Mag. Dr. Othmar Ederer. Die ersten Schäden gab es in diesem Jahr bereits im April durch Hagel und Überschwemmungen, gefolgt von schweren Unwettern im Oktober in Kärnten und Osttirol. Insgesamt erwarten die Versicherer 2018 Schäden aus Naturkatastrophen von 500 bis 600 Mio. Euro. Etwas mehr als die Hälfte davon dürfte versichert sein, wenngleich konkrete Zahlen noch nicht vorliegen.
2018 war eines der drei wärmsten Jahre der 252-jährigen Messgeschichte. „Von April bis in den Oktober hinein hatten wir fast durchwegs sommerliche Wetterlagen, das ist sehr ungewöhnlich“, führte Dr. Michael Staudinger, Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, aus. Beachtlich sei vor allem die Kombination von langen trockenen Phasen und einigen extremen Regenfällen gewesen.
Gefahrenbewusstsein gestiegen, aber ausbaufähig
Das Gefahrenbewusstsein der Bevölkerung für Naturkatastrophen ist laut Umfragen des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) in den letzten fünf Jahren tendenziell gestiegen. Unwetter, Hagel und Stürme sehen rund die Hälfte der Befragten als große Gefahr – 2013 war es erst jeder Vierte. Während sich durch Hochwasser 2013 mehr als die Hälfte gar nicht gefährdet sah, ist es 2018 nur noch ein Drittel. Dennoch sei das Risikobewusstsein für Extremwetterereignisse bei den Österreichern noch lange nicht so verankert wie andere Gefahrenbereiche, so KFV-Direktor Dr. Othmar Thann. So gelten etwa Schneelast-Ereignisse derzeit nur bei drei Prozent der befragten Österreicher als Gefahr.
„Bedarf dringend Kooperation zwischen öffentlicher Hand und Versicherungswirtschaft“
Österreich mangle es nach wie vor an einem effizienten System der Risikoabsicherung, kritisierte Dr. Franz Prettenthaler von Johanneum – Research – LIFE, Zentrum für Klima, Energie und Gesellschaft. Angesichts der Tatsache, dass Österreich EU-weit nach der Tschechischen Republik das größte Hochwasser-Risiko habe, liege hier ein hohes volkswirtschaftliches Risiko. „Rein privatwirtschaftlich ist das Thema für die Zukunft nicht zu lösen und der Katastrophenfonds leistet zu geringe Summen im Schadensfall.“ Es brauche eine „gesamtheitliche Lösung“ in Form einer flächendeckenden Versicherung. „Hier bedarf es dringend einer Kooperation zwischen öffentlicher Hand und Versicherungswirtschaft, um die steigenden Risiken in den Griff zu bekommen“, so Prettenthaler.
Dass es „nicht anders gehen wird“ als „gemeinschaftliche Lösungen mit der Politik zu finden“, gab auch Othmar Ederer zu bedenken. Nach dem Hochwasser 2002 habe man die entsprechenden Instrumente dafür geschaffen und gemeinsam mit den Ministerien Modelle erarbeitet. „Da liegt der Ball jetzt ganz klar bei der Politik, diese Entscheidung zu treffen, ein solches gemeinschaftliches System in Gang zu setzen.“
Digitale Risikolandkarte
Es sei „besonders wichtig“, die Bevölkerung „rechtzeitig und gut“ über die Risiken zu infomieren, so Sektionschef DI Günter Liebel vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus. Mit der digitalen Risikolandkarte HORA kann jeder Einzelne die persönliche Gefahrensituation im Hinblick auf acht Naturgefahren ermittelt.
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