Mag. Dr. Klaus Koban, MBA, Präsident des Verbandes Österreichischer Versicherungsmakler (VÖVM), und Dr. Bernhard Gause, geschäftsführender Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Versicherungsmakler e.V. (BDVM), über zentrale Zukunftsthemen wie Konsolidierung, betriebliche Altersvorsorge, Digitalisierung und gesellschaftliche Verantwortung der Versicherungswirtschaft.

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 04.04.2025
Der Maklermarkt befindet sich derzeit in einem tiefgreifenden Wandel. Dabei spielt der Trend zur Konsolidierung eine entscheidende Rolle. „Die Konsolidierung im Maklermarkt wird sich in den nächsten Jahren mit unvermindertem Tempo fortsetzen. Größere Maklerunternehmen haben Vorteile, insbesondere im Umgang mit Versicherern. Dennoch wird es weiterhin kleinere und mittlere inhabergeführte Maklerunternehmen geben, die bewusst unabhängig bleiben“, beschreibt Mag. Dr. Klaus Koban die Situation. Dabei betont er die Bedeutung von spezialisierten Kenntnissen, die besonders im Gewerbe- und Industriegeschäft zunehmend wichtiger würden. Koban erwartet eine Entwicklung ähnlich den USA, wo größere Maklergruppen umfassende Lösungen für industrielle und gewerbliche Bereiche anbieten.
Auch Dr. Bernhard Gause erkennt diesen Trend, hebt aber hervor, dass Unternehmensgröße allein nicht entscheidend sei: „Es geht nicht primär um Größe, sondern darum, Fachwissen effizient zu bündeln und Prozesse zu optimieren. Makler, die langfristig erfolgreich sein wollen, müssen sich strategisch positionieren – sei es durch Spezialisierung oder den Anschluss an größere Strukturen.“ Dabei verweist er darauf, dass auch viele inhabergeführte Unternehmen erfolgreich am Markt agieren, wenn die Nachfolge gut geregelt sei.
Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge als politisches Ziel
Ein zentrales Zukunftsthema der Branche ist die betriebliche Altersvorsorge. In Deutschland ist der politische Wille zur Stärkung vorhanden, doch Dr. Gause sieht Schwierigkeiten in der konkreten Umsetzung. „Ein entscheidender Treiber ist der zunehmende Fachkräftemangel, denn eine attraktive betriebliche Altersvorsorge kann ein wesentliches Argument für Arbeitgeber sein, um qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen und langfristig zu binden“, erklärt Gause. In Brüssel und Berlin stehe das Thema bereits weit oben auf der Agenda.
In Österreich sieht Mag. Dr. Klaus Koban bereits Fortschritte: „Die neue Regierung hat ein klares Regierungsprogramm vorgelegt, das explizit die Stärkung der zweiten Säule der Altersvorsorge vorsieht. Die betriebliche Vorsorge gewinnt dadurch an Bedeutung, insbesondere als Instrument zur Mitarbeiterbindung.“
Digitalisierung entscheidet über Zukunftsfähigkeit
Auch im Bereich Digitalisierung stehen die Versicherungsmakler vor großen Herausforderungen. Laut Dr. Gause werden Makler, die sich der Digitalisierung verweigern, langfristig nicht bestehen können. „Die Digitalisierung ist kein optionaler Prozess mehr, sondern eine notwendige Transformation. Jeder Makler muss sich intensiv damit beschäftigen, seine internen Abläufe zu digitalisieren“, warnt er. Beispiele wie die vollständige Abschaffung der klassischen Briefzustellung in Dänemark verdeutlichen die Richtung, in die sich der Markt bewegt.
Mag. Dr. Koban ergänzt, dass Digitalisierung auf drei Ebenen betrachtet werden müsse: „Die internen Prozesse im Maklerbetrieb, die Schnittstelle zu den Versicherern und die Interaktion mit dem Kunden.“ Er betont, dass Digitalisierung „nicht nur eine technische Anpassung, sondern ein strategischer Wandel“ sei.
Versicherer müssen gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen
Ein weiterer kritischer Punkt ist laut Koban die Tendenz einiger Versicherer, sich zunehmend aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zurückzuziehen: „Das grundlegende Risikoausgleichsprinzip wird nicht mehr konsequent angewendet. Besonders volkswirtschaftlich bedeutsame Branchen wie erneuerbare Energien oder bestimmte Industriezweige finden immer schwieriger adäquaten Versicherungsschutz.“ Er fordert deshalb einen offenen Risikodialog zwischen Versicherern und Maklern.
Dr. Gause bestätigt, dass dies ein internationales Phänomen sei und gibt zu bedenken, dass kurzfristige Gewinnorientierung der Versicherer der langfristigen Stabilität entgegenstehe. „Die Versicherungswirtschaft darf sich nicht weiter zurückziehen, sondern muss ihrer volkswirtschaftlichen Funktion gerecht werden", fordert Gause und betont, dass gezielte Maßnahmen notwendig seien, um kritische Branchen abzusichern.
Positiver Ausblick trotz Herausforderungen
Beide Experten blicken optimistisch auf die Zukunft der Versicherungswirtschaft. „Die Tätigkeit ist nicht nur spannend, sondern auch wertschätzend – sowohl aus beruflicher als auch aus gesellschaftlicher Sicht", hebt Koban hervor. Zudem begrüßt er den steigenden Frauenanteil in der Branche .
Auch Gause unterstreicht die positive Grundstimmung und die Attraktivität der Branche als stabiler volkswirtschaftlicher Pfeiler. Junge Menschen könnten in der Versicherungswirtschaft hervorragende Karrierechancen in Bereichen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Risikomanagement finden.
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Foto oben v.l.n.r.: Mag. Dr. Klaus Koban, MBA, Präsident des Verbandes Österreichischer Versicherungsmakler (VÖVM), und Dr. Bernhard Gause, geschäftsführender Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Versicherungsmakler e.V. (BDVM)
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