Darf der Versicherungsvertrag ohne Unterschrift der Kunden verändert werden? Eine Frage, mit der sich die Rechtsservice- und Schlichtungsstelle des Fachverbandes Versicherungsmakler zu beschäftigen hatte.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 22.01.2016
Eine Kunden stimmte dem Mitarbeiter einer Versicherung per Email dessen Vorschläge zu, wie sie ihre bestehenden Verträge erneuern könnte. Sie ging aber davon aus, dass sie noch einen Antrag zur Unterschrift erhalten würde. Die Rechtsservice- und Schlichtungsstelle (RSS) war nun mit folgender Frage konfrontiert: Kann der Versicherer den Vertrag auch ohne Unterschrift der Kundin ändern? Und muss auch deren Ehemann zustimmen, der in einer Unfallversicherung mitversichert ist?
Die RSS stellte fest: „Der Versicherungsvertrag ist ein Konsensualvertrag, der formfrei geschlossen werden kann. Wie alle Geschäftsbedingungen werden auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen in dem Umfang Vertragsbestandteil, in dem sie vereinbart worden sind (vgl E des OGH vom 21.4.2004, 7 Ob 315/03d; RS0117649, vgl u.a. auch RSS-0021–12=RSS-E 3/13).“
Somit seien kein schriftliches Dokument und auch keine Unterschrift des Kunden notwendig, wenn eine grundsätzliche Einigung zwischen den Parteien über die wichtigsten Eckpunkte des Vertrages besteht.
Der Versicherungsmitarbeiter konnte angesichts des Emails der Kunden davon ausgehen, dass sie den Vertrag ändern wollte. In diesem Fall müsste die Versicherungsnehmerin laut RSS beweisen, dass die Versicherung
trotz ihres Emails nicht von ihrem Willen ausgehen durfte.
Schriftlicher Antrag dient nur dem Versicherer intern
Muss nun der versicherte Ehegatte der Vertragsänderung zustimmen? Nein, denn wenn sich durch die Vertragsänderung das Risiko für die Gefahrsperson nicht ändert, sei eine zusätzliche Gefahr und damit die Notwendigkeit der Zustimmung nicht anzunehmen.
Der schriftliche Antrag diene also nur dem Versicherer intern zur Weiterverarbeitung, damit die Polizze erstellt werden könne. „Die Polizze bzw. der Versicherungsschein ist lediglich eine Dokumentation des bereits zuvor durch Willenseinigung abgeschlossenen Vertrages (§ 3 VersVG).“
Zuletzt weist die RSS allerdings darauf hin, dass gegebenenfalls ein Rücktritt möglich wäre, wobei dies zu prüfen sei. „Hierbei wird insbesonders darauf zu achten sein, wann die Polizze übermittelt wurde und ob dort die entsprechenden Belehrungen erfolgt sind.“
Quelle: WKO, bearbeitet von AssCompact Österreich
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