Die jüngsten Reformen der Sozialversicherung bringen neue, drastisch unterschätzte Vorsorgerisiken. Was das für Kunden und Berater bedeutet, erklärte der Vorsorgeexperte Ronald Felsner im Rahmen einer Veranstaltung von Standard Life.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 05.07.2019
Die Sozialversicherungsreformen machen eine individuelle Risikobetrachtung der Pensionsthematik unumgänglich, betont Ronald Felsner, Lehrbeauftragter der Donau Universität Krems und Geschäftsführer 4 sales development KG, im Interview mit AssCompact. So sei vor allem die potenzielle Pensionslücke, besonders das künftig unterstellte Einkommen, zu hinterfragen. „Für einen 35-jährigen Maurer ist es beispielsweise im Gegensatz zu einem gleichaltrigen Büroangestellten ziemlich unrealistisch, das Pensionsalter 65 in seinem Brotberuf zu erreichen.“ Bei Erwerbstätigen im Gesundheitsbereich wie Krankenschwestern und Pflegepersonal sollten Einkommenseinbußen im höheren Alter einkalkuliert werden, weil lukrative Nachdienste oder Überstunden wohl nicht mehr im Ausmaß der Vergangenheit geleistet werden können.
„Das Risiko ist die extrem heikle Phase vor Rentenantritt“
Dies habe nicht nur Auswirkungen auf die errechnete Pension. „Geringe Einkünfte, der Rückstieg auf eine Teilzeitbeschäftigung bzw. Alterszeitzeit oder gar der Jobverlust im höheren Alter sorgen für nicht unerheblichen Kapitalbedarf bereits vor Pensionsantritt.“ Nicht zuletzt durch die 2014 in Kraft getretenen Restriktionen bei der Zuerkennung der Arbeitsunfähigkeitspensionen sei die Langzeitarbeitslosigkeit zu „einer Art neuen vorzeitigen Rentenform für gesundheitlich beeinträchtige Menschen“ geworden. Fazit: „Das abzusichernde Risiko ist nicht die vermeintliche Pensionslücke, sondern vielmehr die extrem heikle Phase vor Rentenantritt.“
Fokus nicht nur auf Sparphase
Was bei einer professionellen Vorsorgeberatung zu beachten ist? „Vordergründig ist auf den Risikoappetit des Kunden Rücksicht zu nehmen und das Investment sollte möglichst liquide sein, um einen Zugriff in einer finanziellen Notsituation (z. B. Arbeitslosigkeit) zu ermöglichen.“
Bei einer Pensionsvorsorge sollten nicht nur die Spar- sondern auch die Entnahmephase betrachtet werden, das ergebe in Summe einen sehr langen Zeitraum. „Und hier können sowohl konservative als auch dynamische Anleger mit Veranlagungen in Versicherungsprodukten erheblich Ertragssteuern (KEST) sparen. Die Generation 50+ kann hier beispielsweise von Einmalerlägen mit nur zehnjähriger steuerlicher Bindung profitieren und beispielsweise ab 60 dann 30 Jahre (bis zum 90. Lebensjahr) lang KEST-frei Entnahmen tätigen.“
Potenzial für Berater
„Die letzten Reformen des Sozialversicherungssystems haben es für Konsumenten deutlich schwieriger gemacht, den gewohnten Lebensstandard nach Pensionseintritt abzusichern“, sagt Christian Nuschele, Standard Life Österreich und Deutschland. Daher sei es wichtig, mit Kunden auch über die Verwendung des angesparten Vermögens in der Pension zu sprechen. „Die Menschen machen sich darüber zwar Gedanken – für eine strukturierte Planung benötigen sie jedoch zumeist fachliche Unterstützung.“ Diese komme in der Praxis noch deutlich zu kurz. „Hier besteht für Berater eine interessante Chance, ihr Leistungsangebot zu erweitern.“
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