In der Kfz-Haftpflichtversicherung sind unter anderem Ersatzansprüche wegen Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommens des versicherten Fahrzeuges ausgeschlossen. Was darunter zu verstehen ist, hat der OGH in 7 Ob 174/24z vom 20.11.2024 klargestellt.

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 19.03.2025
Bei einem Unfall geriet der Anhänger, der mit einem im Eigentum der VN stehenden und bei der später Beklagten haftpflichtversicherten Lkw gezogen wurde, in einer Kurve über den Fahrbahnrand, kippte um und wurde beschädigt. Der bei der W. AG bauwesenversicherte und im Eigentum der I. GmbH stehende Anhänger war von der VN gemietet worden. Aus diesem Vorfall wurde die VN von der Bauwesenversicherung der Vermieterin und von der Vermieterin selbst zur Zahlung von Schadenersatz aufgefordert. Der Kfz-Haftpflichtversicherer der Zugmaschine bestritt die Deckung mit dem Argument, die Zugmaschine und der damit verbundene Anhänger hätten eine Betriebseinheit dargestellt und aufgrund dieser Verbindung liege kein Drittschaden vor. Die Klage des VN war zwar in erster Instanz erfolgreich, nicht aber beim Berufungsgericht und beim OGH.
Entscheidungsgründe
Nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung entsteht durch die Verbindung eines Anhängers mit einem Kraftfahrzeug eine Betriebseinheit. Der Anhänger kann daher nicht für sich allein, sondern nur als Teil der mit der Zugmaschine gebildeten Betriebseinheit „im Betrieb“ sein. Nach § 8 KHVG sind Anhänger nur dann selbständig versicherungspflichtig, wenn sie vom Zugfahrzeug gelöst werden. Auch in der deutschen Judikatur und Lehre wird die Auffassung vertreten, dass Anhänger eine Betriebseinheit mit dem Zugfahrzeug bilden und deshalb Schäden am Anhänger auch Schäden am versicherten Fahrzeug sind. Der erkennende Senat teilt diese Rechtsauffassung. Besteht daher zwischen dem Zugfahrzeug und dem Anhänger eine Betriebseinheit, so wird auch der durchschnittlich verständige VN den Anhänger als Teil der Betriebseinheit und somit des versicherten Fahrzeuges verstehen, Schäden am Anhänger als Schäden des versicherten Fahrzeuges ansehen und somit als ausgeschlossen erkennen.
Kommentar
Der OGH wurde vom beklagten Haftpflichtversicherer der Zugmaschine (bewusst oder unbewusst) auf eine komplizierte Spur geführt, ist jedoch beim richtigen Ergebnis gelandet. Dass auch ein Anhänger als „versichertes Fahrzeug“ gilt, lässt sich nämlich nur mit einigen unsauberen Schlenkern zwischen Deckung und Haftung erreichen. In 7 Ob 93/23m hat der OGH richtig festgestellt, dass im Deckungsprozess Feststellungen über die Tatfragen, die Gegenstand des Haftpflichtprozesses sind, überflüssig und, soweit sie getroffen wurden, für die Frage der Deckungspflicht unbeachtlich sind. Haftungsfragen sind im Haftungsprozess zu klären, Deckungsfragen im Deckungsprozess. Einfacher wäre es gewesen, den Ausschluss „mit dem versicherten Fahrzeug beförderte Sachen“ heranzuziehen, wie dies einerseits § 4 Abs 1 Zi 3 KHVG zulässt und in Art 8 Abs 2 AKHB auch vorgesehen ist (mit einigen hier nicht relevanten Ausnahmen). Das Erstgericht hat unter „beförderten Sachen“ nämlich nur jene verstanden, die sich innerhalb des versicherten Fahrzeuges (hier der Zugmaschine) befinden. Der OGH erspart sich die Auseinandersetzung mit dieser Frage. Damit wäre aber auch klar gewesen, dass die Ladung, die sich auf einem Anhänger befindet, ebenfalls unter den Ausschluss fällt.
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