Die Frage der Anwendbarkeit des Handelsvertretergesetzes (HVertrG) im Bereich der Versicherungsvermittlung ist insbesondere hinsichtlich allfälliger Provisions- und Ausgleichsansprüche, die sich aus der Vermittlung von Versicherungsverträgen ergeben, relevant.
Artikel von:
Von Dr. Margot Nusime, MBA
Rechtsanwältin und Partnerin bei Brauneis Rechtsanwälte GmbH; Expertin für Versicherungsrecht
Mag. Teresa Halbmaier
Rechtsanwältin bei Brauneis Rechtsanwälte GmbH
Rechtslage vor der HVertrG-Novelle 2006
Bis zur Novelle des HVertrG im Jahr 2006 war die Rechtslage durch eine klare Ausnahmebestimmung in § 28 Abs 1 HVertrG geprägt, die die Anwendung des Gesetzes auf die Vermittlung und den Abschluss von Versicherungsgeschäften ausschloss. Trotz dieses Ausschlusses sah der Oberste Gerichtshof eine Lücke im Gesetz und entschied, dass das HVertrG auf selbstständige Versicherungsvertreter:innen anwendbar sei – nicht jedoch auf Versicherungsmakler:innen.
Die Novelle 2006 schloss diese Regelungslücke, indem sie den Anwendungsbereich des HVertrG auf Versicherungsvertreter:innen ausweitete. Ergänzend wurden in §§ 26a bis 26d HVertrG Sonderbestimmungen eingeführt, die auf die spezifischen Anforderungen der Versicherungsvermittlung eingehen sollen.
Abgrenzung: Versicherungsvertreter:innen und Versicherungsmakler:innen
Versicherungsvertreter:innen
Versicherungsvetreter:innen (oder auch Versicherungsagent:innen) sind nach § 43 Abs 1 VersVG Personen, die von einem Versicherungsunternehmen dauerhaft beauftragt sind, Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. Dies umfasst sowohl angestellte als auch selbstständige Vertreter:innen, wobei der Fokus auf der Interessenwahrnehmung des Versicherungsunternehmens liegt.
Versicherungsmakler:innen
Im Gegensatz dazu sind Versicherungsmakler:innen gemäß § 26 Abs 1 MaklerG Handelsmakler:innen, die für eine/n Auftraggeber:in (Versicherungsnehmer:in) tätig sind. Sie stehen in keinem dauerhaften Betreuungsverhältnis zu einem Versicherer und sind nicht zur Vermittlung oder einem Bemühen darum verpflichtet. Ihre Provisionsansprüche sind im Maklergesetz (MaklerG) geregelt, insbesondere in § 30. Von selbstständigen Handelsvertreter:innen unterscheiden sich Makler:innen dadurch, dass sie mit der Vermittlung nicht ständig betraut sind.
Provisions- und Ausgleichsansprüche
Versicherungsvertreter:innen
Der Provisionsanspruch von Versicherungsvertreter:innen ist in § 26b Abs 1 HVertrG geregelt. Abweichend von den allgemeinen Bestimmungen des HVertrG entsteht dieser Anspruch erst mit der Zahlung der Versicherungsprämie. Unter bestimmten Bedingungen, wie der gerechtfertigten Beendigung eines Versicherungsvertrags, kann der Anspruch entfallen oder reduziert werden (§ 26b Abs 2 HVertrG).
Ein zentrales Anliegen der gesetzlichen Regelung ist es, Versicherungsvertreter:innen vor existenziellen Risiken bei Beendigung des Vertragsverhältnisses zu schützen. Dazu sieht § 26c HVertrG Regelungen zur Fortzahlung von Folgeprovisionen vor. Diese sind jedoch dispositiv, sodass abweichende Vereinbarungen getroffen werden können. Wenn dies vertraglich festgelegt wurde, können auch Betreuungsprovisionen bei Vertragsende entfallen.
Ein Ausgleichsanspruch entsteht gemäß § 26d HVertrG unter der Voraussetzung, dass der/die Vertreter:in durch die Vermittlung neuer Versicherungsverträge einen erheblichen Vorteil für das Versicherungsunternehmen geschaffen hat. Diese Regelung orientiert sich an § 24 HVertrG, berücksichtigt jedoch die Besonderheiten der Versicherungsvermittlung.
Versicherungsmakler:innen
Versicherungsmakler:innen haben gemäß § 30 MaklerG Anspruch auf Provision, sobald der vermittelte Versicherungsvertrag rechtswirksam abgeschlossen ist und die Versicherungsprämie entrichtet wurde. Anders als bei Versicherungsvertreter:innen ist der Anspruch der Makler:innen nicht dispositiv, wenn der Versicherer den Vertrag ohne wichtigen Grund auflöst (§ 30 Abs. 4 MaklerG). Diese Schutzklausel unterscheidet sich von der dispositiven Regelung im HVertrG.
Für Versicherungsmakler:innen ist hingegen im MaklerG kein Ausgleichsanspruch, der mit jenem vergleichbar ist, den das HVertrG regelt, vorgesehen.
Fazit
Während das HVertrG explizit auf Versicherungsvertreter:innen anwendbar ist, gelten für Versicherungsmakler:innen die Regelungen des MaklerG. Der wesentliche Unterschied liegt in der dauerhaften Verpflichtung zur Vermittlung bei Versicherungsvertreter:innen, die bei Makler:innen fehlt. Dadurch ergeben sich unterschiedliche Provisions- und Ausgleichsansprüche, die den jeweiligen Rollen gerecht werden sollen.
Die Novelle 2006 hat zur Klarstellung beigetragen, indem sie die Anwendbarkeit des HVertrG auf Versicherungsvertreter:innen ausdrücklich normierte und die spezifischen Regelungen für die Versicherungsvermittlung ergänzte. Dennoch bleibt die Abgrenzung zwischen den beiden Rollen – angesichts der wirtschaftlich bedeutenden Folgen – ein zentrales Thema im Versicherungsvermittlungsrecht.
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