Die Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche in Österreich steht vor großen Herausforderungen: regulatorische Anpassungen, Digitalisierung und wirtschaftliche Unsicherheiten prägten das Jahr 2024. KR Christoph Berghammer, MAS (Fachverbandsobmann der Versicherungsmakler), Mag. Hannes Dolzer (Fachverbandsobmann der Finanzdienstleister) und KR Horst Grandits (Bundesgremialobmann der Versicherungsagenten) erläutern die größten Herausforderungen und Erfolge ihrer Standesvertretungen im Jahr 2024 und geben Einblicke in aktuelle Entwicklungen wie die neue Zugangsverordnung, digitale Arbeitsmittel und regulatorische Hürden.
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Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 16.01.2025
Das Jahr 2024 brachte zahlreiche Herausforderungen mit sich, darunter regulatorische Vorgaben und strukturelle Anpassungen, aber auch bedeutende Fortschritte in der beruflichen Entwicklung und Mitgliederunterstützung.
KR Christoph Berghammer, MAS, Fachverbandsobmann der Versicherungsmakler, betont: „Zu den größten Herausforderungen im Jahr 2024 zählen vor allem das drohende Provisionsverbot durch die Retail Investment Strategy (RIS) sowie die Durchsetzung unserer gewünschten Änderungen bei der Versicherungsvermittler-Verordnung (kurz: ZugangsVO). Mich freut es wahnsinnig, dass unsere Befähigungsprüfungsordnung mit 1.7.2024 in Kraft getreten ist und schon Ende dieses Jahres die ersten 'neuen' Befähigungsprüfungen abgenommen werden. Auch für die ZugangsVO, die nicht nur die Versicherungsmaklerschaft, sondern auch Versicherungsagenten betrifft, wurde ministeriumsseitig zuletzt die Arbeit forciert, nachdem der Fachverband bereits im Sommer alle notwendigen Vorarbeiten erledigt hatte.“
Ein weiterer Erfolg: „Weiters konnte auch bereits eine kleine Steigerung des Frauenanteils unter den Mitgliedern und in der gesetzlichen Interessenvertretung – vor allem auf Bundesebene – durch die FV-Initiative Women Wanted – Frauen für die Branche gesucht verzeichnet werden“, so Berghammer.
Mag. Hannes Dolzer, Fachverbandsobmann der Finanzdienstleister, hebt hervor: „Die geänderte Befähigungsprüfungsordnung ist wie seit zwei Jahren angestrebt mit 1. Juli in Kraft getreten. Der Fachverband übernimmt dabei die Verantwortung für die Erstellung von Prüfungsfragen auf dem NQR-Level 6 und hat dazu Ersteller von Prüfungsfragen engagiert, sowie Trainer- und Prüferkonferenzen durchgeführt, damit die Umstellung sehr gut geklappt. Das hat – auch dank eines besonders großen Engagements von einigen Personen – auch bei den schon erfolgten Anwendungen praktisch reibungslos funktioniert.“
Ein weiteres Problem: „Ein Gerichtsurteil, das zu wesentlich höheren FMA-Kosten für Wertpapierfirmen führen könnte, bereitet uns große Sorge. Auch wenn die FMA das Problem selbst erkannt hat, gibt es hier noch keine Lösungen. Diese werden aber zeitnah benötigt und hier werden wir unser schon seit einem Jahr bestehendes Engagement nochmals verstärken. Überbordende Kosten für die Aufsicht dürfen nicht dazu führen, dass sich Marktteilnehmer zurückziehen müssen“, so Dolzer.
KR Horst Grandits, Bundesgremialobmann der Versicherungsagenten, hebt die praktische Unterstützung für die Mitglieder hervor: „Ein großer Erfolg in diesem Jahr war die Einführung einer umfangreichen Mustersammlung, die wir online für alle Versicherungsagenten zur Verfügung gestellt haben. Diese Sammlung enthält zahlreiche Vorlagen für den Alltag unserer Mitglieder, Leitlinien und DSGVO-konforme Dokumente, die den administrativen Aufwand deutlich erleichtern.“ Er ergänzt: „Zudem konnten wir nach intensiven Abstimmungsrunden, sowohl fachverbandsübergreifend als auch in Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium, erreichen, dass die neue Zugangsverordnung für den Versicherungsvermittlungsmarkt demnächst im Kabinett des Ministeriums vorgeschlagen wird. Wir erwarten, dass zeitnah ein offizielles Begutachtungsverfahren eingeleitet wird, was einen wichtigen Schritt für die Berufszugänge und -sicherung darstellt.“
Weiterbildung als Erfolgsfaktor
Die drei Standesvertretungen legen großen Wert auf Fortbildung, um ihre Mitglieder bestmöglich auf rechtliche und fachliche Herausforderungen vorzubereiten.
Mag. Hannes Dolzer berichtet: „Wir haben auch 2024 wieder den Bildungs-Kick-Off durchgeführt. Das ist die größte Bildungsveranstaltung in Österreich. Auch 2024 haben wieder rund 50% der betroffenen Unternehmen (ich spreche hier von weit mehr als 2.000 Teilnehmern) die Möglichkeit wahrgenommen, gleich am Jahresbeginn in kompakter Form die gesamte Weiterbildungsverpflichtung abzudecken.“
KR Horst Grandits unterstreicht die Bedeutung regionaler Weiterbildungsangebote: „Die zahlreichen Weiterbildungsveranstaltungen, die von der Wirtschaftskammer in den Bundesländern angeboten werden, tragen maßgeblich dazu bei, dass die Beratungsqualität unserer Mitglieder konstant hoch bleibt und sie stets auf dem neuesten Stand der fachlichen und rechtlichen Anforderungen sind.“
Auch bei der Digitalisierung von Arbeitsmitteln wurde Fortschritt erzielt, wie KR Christoph Berghammer anmerkt: „Die neuen Standards und Hilfsmittel erleichtern uns nicht nur die Arbeit, sondern schaffen auch mehr Rechtssicherheit für unsere Mitglieder.“
Regulatorische Herausforderungen
Die Umsetzung neuer Richtlinien, wie der Verbraucherkreditrichtlinie oder der Zugangsverordnung, stellte alle drei Branchenvertreter vor besondere Herausforderungen.
Mag. Hannes Dolzer warnt vor zu strengen Regelungen: „Was aus meiner Sicht gefährlich ist, ist, dass die Konsumentenschützer in ihrem Bemühen, wirtschaftlich unbeholfene Menschen zu schützen (die auch ein gewisses Ausmaß an Schutz benötigen), so strenge Vorschriften fordern, dass Menschen, die gut bis sehr gut aufgestellt sind und sehr gut mit Geld umgehen, der Zugang zu (auch schon kleineren) Krediten verwehrt wird. Das würde auch die Bevölkerung nicht verstehen und daher müssen wir darauf achten, dass die neuen Rechtsnormen angemessen umgesetzt werden.“
KR Christoph Berghammer zeigt sich optimistisch bezüglich der Überarbeitung der Zugangsverordnung: „Die ministeriumsseitige Arbeit an der neuen ZugangsVO wurde zuletzt forciert, nachdem der Fachverband bereits im Sommer alle notwendigen Vorarbeiten erledigt hatte.“
KR Horst Grandits betont die Notwendigkeit praxisnaher Standards: „Unser Ziel ist es, administrative Hürden weiter abzubauen, damit sich unsere Mitglieder auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können.“
Im zweiten Teil des Interviews geben KR Christoph Berghammer, MAS, Mag. Hannes Dolzer und KR Horst Grandits Einblicke in die digitalen Entwicklungen und Zukunftsstrategien der Versicherungs- und Finanzbranche.
Foto oben v.l.n.r.: KR Christoph Berghammer, MAS (Fachverbandsobmann der Versicherungsmakler), Mag. Hannes Dolzer (Fachverbandsobmann der Finanzdienstleister) und KR Horst Grandits (Bundesgremialobmann der Versicherungsagenten)
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