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Führerscheinklausel in der Unfallversicherung

(Bild: © HN Works – stock.adobe.com)

Führerscheinklausel in der Unfallversicherung

23. Mai 2024

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3 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Neben der Kfz-Haftpflicht- und der Kfz-Kaskoversicherung gibt es auch in der Unfallversicherung die Verpflichtung, beim Lenken eines Kfz eine Lenkberechtigung zu besitzen. Welche Konsequenzen das für eine versicherte Person hat, zeigt die Entscheidung OGH 7 Ob 7/24s vom 06.03.2024.

Artikel von:

Dr. Wolfgang Reisinger

Dr. Wolfgang Reisinger

Lektor WU Wien und der Donau-Universität Krems

Der damals 15-jährige Sohn des Versicherungsnehmers (VN) erlitt im Zuge der Teilnahme an einem Fahrsicherheitstraining in einem Trial-Garten einen Unfall, bei dem er sich eine Fraktur des Tibiaschaftes am rechten Bein zuzog. Die verwendeten Trialmotorräder sind leistungsreduzierte Schulungsmotorräder und haben einen Hubraum von bis zu 125 cm³. Sie sind ausschließlich für den Offroadbereich konzipiert, werden nur auf der Wiese gefahren und dienen dem Üben der Fahrtechnik. Sie verfügen über keine Lichter, keine Blinker und auch keinen Sattel, sondern werden im Stehen gefahren. Der Versicherer lehnte die Deckung ab, weil der mitversicherte Sohn des VN als Lenker eines Kfz verpflichtet gewesen wäre, die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung, die zum Lenken dieses oder eines typengleichen Fahrzeuges erforderlich wäre, zu besitzen. Dies gelte auch dann, wenn das Fahrzeug nicht auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt wird.

Entscheidungsgründe

Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen kommt es nicht darauf an, dass das konkrete Trialmotorrad aufgrund seiner spezifischen Bauweise nicht zulassungsfähig gewesen war. Nach der Führerscheinklausel hat der Sohn des VN als Lenker die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung, die zum Lenken dieses Trialmotorrades oder eines typengleichen Kraftfahrzeuges erforderlich war, zu besitzen. Mag auch für das gegenständliche Trialmotorrad mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 2 Z 1 KFG kein Führerschein erforderlich gewesen sein, kommt es nach den AVB darauf an, dass dies auch für das „typengleiche Kraftfahrzeug“ gilt. Ein typengleiches Kraftfahrzeug wie das Trialmotorrad ist ein ordnungsgemäß ausgestattetes Motorrad mit derselben Motorleistung und einem Hubraum von 125 cm³. Somit liegt eine Obliegenheitsverletzung vor.

Kommentar

Die Unterinstanzen waren der Ansicht, dass der Versicherte keine Lenkberechtigung brauche, weil es sich bei den verwendeten Motorrädern um keine Kfz iSd § 2 KFG handle und daher das Führerscheingesetz (FSG) nicht zur Abwendung komme. Der OGH war anderer Ansicht. Wie der OGH in Übereinstimmung mit der Vorjudikatur ausführt, ist Zweck der Führerscheinklausel in der Unfallversicherung, das Risiko von Versicherungsfällen durch ungeschulte, unerfahrene Kfz-Lenker auszuschalten, das auch auf Straßen ohne öffentlichen Verkehr besteht. Umso mehr wird das der Fall sein, wenn es sich um Motorräder handelt, die nicht den Vorschriften des KFG entsprechen. Eine andere Auslegung würde den Sinn der Führerscheinklausel in der Unfallversicherung völlig ad absurdum führen. Eine genaue Kenntnis der AVB der einzelnen Versicherungen ist dringend anzuraten, weil diese unterschiedlich formuliert sein können. Insbesondere beim Lenken von Motorrädern in verschiedensten Varianten kann es zu bösen Überraschungen kommen. In OGH 7 Ob 8/22k war das ausländische Recht (in concreto Italien) relevant, in OGH 7 Ob 184/21s das inländische Recht, obwohl am Unfallsort (in concreto im Iran) keine Lenkberechtigung vorgeschrieben war.

Den Beitrag lesen Sie auch in der AssCompact Juni-Ausgabe!

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