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Telematik – Fluch oder Segen?

Telematik – Fluch oder Segen?

11. März 2016

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4 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

Während in Deutschland immer mehr Versicherer auf Telematik-Tarife setzen, sind Österreichs Gesellschaften noch zurückhaltender. Warum er diesen Trend so stark kritisiert, erklärt Peter Wesselhoeft, geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Gossler, Gobert & Wolters Gruppe.

Mag. Peter Kalab

Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 11.03.2016

Wenn von „Telematik“ die Rede ist, geht es darum, Kundengruppen auf einem ganz neuen Niveau zu selektieren, „um gute – aus Versicherersicht profitable – Risikogruppen bevorzugt zeichnen zu können“, so Wesselhoeft, der für einen der großen Industrieversicherungsmakler in Deutschland tätig ist.

Telematik in der Kfz- und Krankenversicherung

So springen in der Kfz-Sparte immer mehr deutsche Versicherer auf den Telematik-Trend auf. Dabei übermittelt ein in das Auto eingebautes Gerät dem Versicherer laufend Daten über das Fahrverhalten.

Heikler wird es in der Krankenversicherung, da hier wesentlich sensiblere Daten im Spiel sind. „Zielgruppe sind junge Menschen, die beim Teilen von persönlichen Daten mit anderen deutlich offener sind.“ Sie nutzen Smartphone-Apps, um ihre Daten zu Gesundheit, Ernährung und Aktivitäten erfassen zu können. Dieses Verhalten nutzen einige Versicherer bereits für sich. Haben sich diese Systeme etabliert, könne man davon ausgehen, dass Versicherer im Rahmen des rechtlich Möglichen in die individuelle Tarifierung – Pay-as-you-live-Tarife – einsteigen.

Klingt zunächst nicht unbedingt schlecht. Warum sind Telematik-Tarife nun so kritisch zu sehen?

Ist der Datenschutz gewährleistet?

In der EU-Datenschutzrichtlinie gilt der Schutz von persönlichen Daten als Grundrecht. „Doch wem gehören die Daten, die via Telematik erfasst werden? Für welche anderen Zwecke könnten sie genutzt werden? Wie sicher sind sie?“ Dass dieses Thema sensibel ist, zeigt sich auch am EuGH-Urteil vom Oktober 2015, in dem er das Safe Harbor Agreement mit den USA aufgrund unzureichenden Datenschutzes für ungültig erklärt hat.

Doch was würde Google oder Apple daran hindern, Daten für sich selbst auszuwerten und die selektierten Risiken mit passgenauen Produkten anzusprechen? „Produktgeber dürften sich finden lassen“, so Wesselhoeft. „Schließlich akkumulieren Google, Apple und Co. den größten Datenschatz überhaupt.“

Wie frei sind Kunden bei der Produktwahl?

Die aufkommende Telematik-Welt teilt die Versicherungsnehmer in drei verschiedene Gruppen: Zunächst gibt es Personen, die sich als „positives“ Risiko einschätzen und bereit sind, ihre persönlichen Daten zugunsten einer günstigeren Versicherungsprämie preiszugeben. Andere wiederum betrachten persönliche Daten als Privatsphäre und möchten diese nur soweit wie erforderlich weitergeben wollen. Die dritte Gruppe hält sich für ein „schlechtes“ Risiko und will über ein nötiges Mindestmaß hinaus keine persönlichen Daten zur Verfügung stellen.

Genau hier liege das Problem: „Die Entscheidung für oder gegen einen Telematik-Tarif sollte jeder frei und ohne persönliche Nachteile treffen können – tragendes Element des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.“

Wesselhoeft geht davon aus, dass sich Telematik-Tarife zum Standard entwickeln dürften – mit der Folge, „dass die Prämien für die so ausgesiebten verbleibenden Versicherten unbezahlbar werden, wenn Deckungsschutz für sie denn überhaupt noch erhältlich ist.“

Wie man diesen Trend aufhalten kann? „Vor allem aber mit intensiver Aufklärung in der Öffentlichkeit und in vielen persönlichen Gesprächen: Zu leicht wird nur der unmittelbare – zeitlich befristete – Vorteil gesehen und die Konsequenzen ausgeblendet, wenn persönliche sensible Daten preisgegeben werden.“

Quelle: AssCompact Deutschland, bearbeitet von Redaktion Österreich

 

 

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