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Einbruchsdiebstahlversicherung: Bereicherungsvorsatz des Täters erforderlich?

(Bild: © bluedesign – stock.adobe.com)

Einbruchsdiebstahlversicherung: Bereicherungsvorsatz des Täters erforderlich?

03. Juni 2024

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6 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Aufgrund eines Mietstreits brachen Gehilfen der Vermieterin das Schloss eines Ateliers auf und entfernten Möbel und Kunstwerke des Mieters. Ihr Ziel war es, den Mieter zu delogieren. Vier Monate später entdeckte der Mieter, dass seine Sachen in einem Container gelagert waren und einige Kunstwerke beschädigt wurden. Die Einbruchsdiebstahlversicherung lehnte eine Zahlung ab, da kein Bereicherungsvorsatz vorlag. Der Fall landete vor dem Obersten Gerichtshof (OGH) (7 Ob 215/23b).

Artikel von:

Dr. Roland Weinrauch

Dr. Roland Weinrauch

Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte|https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/

Zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer bestand ein Einbruchsdiebstahlversicherungsvertrag. Die zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen lauteten auszugsweise wie folgt:

„[...] 1.1 Versichert sind Sachschäden, die durch einen vollbrachten oder versuchten Einbruchdiebstahl entstehen (Schadenereignis). Versichert sind auch Sachschäden, die als unvermeidliche Folge eines Schadenereignisses eintreten.
1.2 Einbruchdiebstahl liegt vor, wenn ein Täter in die Versicherungsräumlichkeiten
1.2.1 durch Eindrücken oder Aufbrechen von Türen, Fenstern oder anderen Gebäudeteilen einbricht.
1.2.2 unter Überwindung erschwerender Hindernisse durch Öffnungen, die nicht zum Eintritt bestimmt sind, einsteigt.
1.2.3 sich einschleicht und aus den versperrten Versicherungsräumlichkeiten Sachen wegbringt.
1.2.4 durch Öffnen von Schlössern mittels Werkzeugen oder falscher Schlüssel eindringt. Falsche Schlüssel sind Schlüssel, die widerrechtlich angefertigt werden.
1.2.5 mit richtigen Schlüsseln eindringt, die er durch Einbruchdiebstahl in andere Räumlichkeiten als die Versicherungsräumlichkeiten oder durch Beraubung an sich gebracht hat. Beraubung ist die Wegnahme oder erzwungene Herausgabe von Sachen unter Anwendung oder Androhung tätlicher Gewalt gegen Personen.
1.2.6 gelangt und während der Anwesenheit von Personen in versperrte Räume gemäß Punkt 1.2.1 bis 1.2.5 einbricht. [...]“

Der Versicherungsnehmer mietete ab September 2017 ein Atelier in einer ehemaligen Traktorfabrik und ging dort seiner künstlerischen Tätigkeit nach. Am 19.10.2019 brachen Gehilfen der Vermieterin das Schloss zum Atelier des Versicherungsnehmers auf und verbrachten die im Atelier befindlichen Fahrnisse, wie etwa Möbel und Kunstwerke, an einen dem Versicherungsnehmer unbekannten Ort. Der Grund dafür war ein Streit zwischen dem Versicherungsnehmer und der Vermieterin über die Befristung des Mietverhältnisses. Erst rund vier Monate später erfuhr der Versicherungsnehmer zufällig von einem Dritten, dass seine Gegenstände in einem Container auf dem Gelände der Traktorfabrik eingelagert waren. Der Versicherungsnehmer erlangte seine Fahrnisse mit einigen Ausnahmen wieder zurück. Die Gehilfen der Vermieterin hatten keinen Vorsatz, sich aus den Kunstwerken und sonstigen Fahrnissen des Versicherungsnehmers zu bereichern. Die Täter wollten den Versicherungsnehmer lediglich delogieren. Im Zuge der Entwendung wurden Kunstwerke des Versicherungsnehmers beschädigt. Der Versicherungsnehmer begehrte aus der Einbruchsdiebstahlversicherung die Kosten für die Instandsetzung in der Höhe von 18.932,50 Euro. Nachdem der Versicherer eine Leistung mit der Begründung abgelehnt hat, dass kein versichertes Schadensereignis vorliege, da die Täter sich nicht bereichern wollten, landete der Fall vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).

Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 17.04.2024, 7 Ob 215/23b, führte der OGH zunächst aus, dass Rechtsbegriffe, die in Allgemeinen Versicherungsbedingungen verwendet werden und die in der Rechtssprache eine bestimmte, unstrittige Bedeutung haben, grundsätzlich in diesem Sinn auszulegen sind. Nach dem Strafgesetzbuch sei für einen Einbruchsdiebstahl erforderlich, dass bereits die Einbruchshandlung mit dem Vorsatz vorgenommen wird, fremde Sachen wegzunehmen, um sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern. Der Rechtsbegriff „Einbruchsdiebstahl“ habe daher in der Rechtssprache eine bestimmte, unstrittige Bedeutung.

Allerdings enthalten die hier vorliegenden Versicherungsbedingungen eine eigenständige Definition des Begriffs „Einbruchdiebstahl“, die nicht mit jener im Strafgesetzbuch übereinstimme. Es könne daher im gegenständlichen Fall nicht ohne Weiteres auf den strafrechtlichen Begriffsinhalt abgestellt werden. Nach Ansicht des OGH werde in den hier vorliegenden Versicherungsbedingungen ein Bereicherungsvorsatz des Täters gerade nicht ausdrücklich als Voraussetzung angeführt.

Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei daher aus dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen nicht ersichtlich, dass neben den in den Bedingungen angeführten Begehungsformen ein Handeln des Täters mit Bereicherungsvorsatz für die Qualifikation als Einbruchsdiebstahl im Sinn der Versicherungsbedingungen erforderlich wäre. Vielmehr gehe der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne einen Anhaltspunkt im Wortlaut der Bedingungen davon aus, dass bereits bei Vorliegen einer der in den Bedingungen genannten Begehungsformen ein Einbruchsdiebstahl im Sinn der Bedingungen vorliegt. Dies umso mehr, als es sich regelmäßig der Kenntnis des Versicherungsnehmers entzieht, ob der Täter mit Bereicherungsvorsatz gehandelt hat.

Schlussfolgerungen

Sofern Versicherungsbedingungen den Einbruchsdiebstahl selbst definieren und der Wortlaut der Bedingungen keinen besonderen Vorsatz des Täters als Voraussetzung enthält, ist das Vorliegen des vom Strafgesetzbuch für einen Einbruchsdiebstahl geforderten Bereicherungsvorsatzes nicht Voraussetzung für die Annahme eines Einbruchsdiebstahls im Sinne der Versicherungsbedingungen. Ob ein Täter die weggenommene Sache verschenken oder vernichten oder lediglich für einige Zeit (und mit der Absicht späterer Rückgabe) in Gebrauch nehmen möchte, spielt bei den gegenständlichen Bedingungen versicherungsrechtlich keine Rolle.

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