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Erfrierungen im Hochgebirge: Unfall oder nicht?

Erfrierungen im Hochgebirge: Unfall oder nicht?

14. März 2017

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3 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

Unfälle können nicht nur durch plötzliche, sondern auch durch allmählich eintretende Ereignisse verursacht werden – sofern der Betroffene nicht damit rechnen konnte. Ob ein Bergsteiger, der Erfrierungen erlitt, vom Wetterumschwung überrascht wurde, war die Streitfrage in seiner Klage gegen den Unfallversicherer.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 14.03.2017

Der Kläger und sein Freund, beide geübte Tourengeher, unternahmen eine mehrtägige alpine Hochtour über die Nollen-Route am Mönch in der Schweiz. Bei bestem Wetter erreichten sie eine Hütte auf knapp 2.800 Metern, laut Tagesprognose stand dem weiteren Aufstieg auf über 4.000 Metern nichts entgegen.

Jedoch änderte sich das Wetter während des Aufstiegs im hochalpinen Gelände allmählich. Es kam stürmischer Wind auf, die Temperaturen sanken auf bis zu minus zwölf Grad Celsius. Aufgrund des Schneemangels befand sich am Weg blankes Eis statt wie üblich Firnschnee. Auch dadurch mussten die Bergsteiger langsamer und mit erhöhter Aufmerksamkeit gehen. Es wurde der Einsatz von Steigeisen und ein Klettern in Seilschaft nötig. All diese Faktoren waren zwar nicht vorhersehbar, aber auf dieser Höhe nicht ungewöhnlich.

Tourengeher erlitt Erfrierungen mit Dauerfolgen

Die beiden Tourengeher gerieten in keine Notlage, sondern konnten den Aufstieg immer noch in durchschnittlicher Zeit bewältigen. Allerdings merkte einer der beiden während des Aufstiegs ein „komisches Gefühl“ an den Zehen. Wie sich herausstellte, erlitt er an den Zehen Erfrierungen zweiten und dritten Grades. An den Großzehen blieb ein dauerhafter Schaden in Form von Taubheitsgefühl und Sensibilitätsstörungen.

Für die Dauerfolgen forderte der Kläger insgesamt mehr als 30.000 Euro aus seiner Unfallversicherung. Der Versicherer lehnte die Deckung ab: Es handle sich um keinen Unfall nach den Versicherungsbedingungen, weil die Körperschäden nicht auf ein plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis zurückzuführen seien.

OGH: Kein Unfallereignis

Erst- und Berufungsgericht gaben der Versicherung Recht, und auch der Oberste Gerichtshof (7 Ob 79/16t) verneinte das Vorliegen eines Unfallereignisses. Nach Art 6.1. UA00 liege ein Unfall vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Allmählich eintretende Ereignisse seien nur dann als „plötzlich“ zu werten, wenn für den Versicherungsnehmer objektiv kein Grund bestehe, mit den eingetretenen Umständen zu rechnen, er davon überrascht wurde und ihnen nicht entgehen konnte. Erfrierungen als Gesundheitsschädigung seien nur dann von der Unfallversicherung gedeckt, wenn sie Unfallfolgen sind.

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