Weil der Kunde sein Einkommen im Antrag viel zu niedrig angegeben hat, lehnt der Berufsunfähigkeitsversicherer die Deckung ab. Für den Schadenexperten Dr. Wolfgang Reisinger zeigt das OGH-Urteil einmal mehr: „Bei Abschluss dieser Versicherung sollte man bei der Wahrheit bleiben.“
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 31.01.2017
Der Kunde, ein Drucker, war als Schichtarbeiter in einem Unternehmen angestellt. Wegen gesundheitlicher Beschwerden wechselte er am 1. Dezember 2010 an einen Büro-Arbeitsplatz im selben Unternehmen. Probleme bekam er schließlich mit seiner Berufsunfähigkeitsversicherung. Im Antragsformular gab er nämlich bei der Frage nach seinen Jahresnettoeinkünften der letzten drei Jahre viel zu niedrige Summen an: 36.800 Euro für 2007 anstatt den tatsächlichen 51.000 Euro, die er in diesem Jahr als Drucker verdient hatte, sowie 37.000 Euro anstatt 49.000 Euro für 2008.
Nun forderte er aber, dass der Versicherer sowohl einen Kapitalbetrag für die Vergangenheit als auch eine künftige Rente bezahlen sollte. Der Versicherer lehnte wegen der falschen Angaben ab – der Mann habe hier gegen die gesetzliche Obliegenheit des § 16 VersVG verstoßen. Die Deckungsklage des Kunden blieb erfolglos.
Warum das Jahresnettoeinkommen entscheidend ist
Begründung: Die Information über das Jahresnettoeinkommen sei zweifellos entscheidend, um die Wahrscheinlichkeit des Eintritts und der Dauer des Versicherungsfalls zu beurteilen und damit auch ausschlaggebend für die Prämienhöhe. „Die Höhe des Einkommens ist für die Ausübung einer Vergleichstätigkeit im Sinne der BU mit von Bedeutung“, sagt Reisinger. „Bei einem höheren Einkommen können gewisse Berufe mit geringerer Einkommensmöglichkeit als Vergleichstätigkeit ausscheiden.“ Der Kläger gehe selbst davon aus, dass das Gesamteinkommen ausschlaggebend für den Versicherungsvertrag sei. Er könne sich daher nicht darauf berufen, die falsch angegebene Einkommenshöhe sei unerheblich für die Risikoprüfung des Versicherers.
Prämienhöhe auch vom Einkommen abhängig
„Je höher das Einkommen vor einem Versicherungsfall ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit eines Einkommensverlustes nach einem Versicherungsfall“, kommentiert Reisinger das Urteil. Bereits das Berufungsgericht stellte fest, dass der Versicherer die Prämienhöhe auch vom Einkommen des Kunden abhängig mache, weil niedrig entlohnte Verweisungsberufe leichter zu finden seien als höher entlohnte. „Der VN hätte den Kausalitätsgegenbeweis erbringen können, nämlich dass der Versicherer seinen Antrag unverändert angenommen hätte, auch wenn er von dem höheren Einkommen gewusst hätte.“ Dieser wäre allerdings auch tatsächlich schwer zu erbringen gewesen, zumal der Kunde selbst vorgebracht habe, dass die Einkommenshöhe ein relevantes Kriterium für den Eintritt des Versicherungsfalles sei.
Den gesamten Artikel von Dr. Wolfgang Reisinger lesen Sie in der nächsten AssCompact-Ausgabe.
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